Festivalbericht - WGT 2024 - Freitag

Wie jedes Jahr zu Pfingsten pilgerte die „schwarze Szene“ auch in diesem Jahr nach Leipzig, um beim 31. Wave-Gotik-Treffen vier Tage lang eine tolle Zeit gemeinsam zu verleben. Wieder wurden an zahlreichen Veranstaltungsstätten diverse Events vorbereitet, so dass die Wahl jeden Tag echt schwer fiel. Wir waren wie immer für euch mittendrin und hier könnt ihr nun unsere Erlebnisse nachschmökern.
In Leipzig angekommen, starteten wir traditionell erst einmal dem Agra-Gelände einen Besuch ab. So taucht es sich am besten in das Feeling des Treffens ein – viele Menschen, die alle lächeln und sich auf das Festival freuen, der Zeltplatz, wo kaum noch ein Platz für Zelte frei sind, die Ständehalle mit all den Händlern, die Essen- und Getränkestände vor der Agra-Halle und schon vor dem Eingang zum Gelände – alles wie immer und damit das Gefühl von nach Hause kommen. Wir trafen auch direkt die ersten Freunde und so konnten wir gut ins Wochenende starten.

Nachdem wir dann auch in unserer Unterkunft Stellung bezogen hatten, ging es auf, das reichhaltige Programm in der Stadt zu genießen. Den Anfang machte hier die Schwarze Schille. Im Theaterhaus Schille in der Innenstadt von Leipzig hatte der HardChor Stimmgewalt ein spannendes Programm zusammengestellt, dem wir dringend einen Besuch abstatten mussten. Wir kamen gerade rechtzeitig, um Luci van Orgs neuestes Projekt Lucina Soteira miterleben zu können. In dem kleinen Theaterraum suchten wir uns einen Sitzplatz und schon ging es los. Jan von Stimmgewalt kündigte den Gig als Weltpremiere in Bandbesetzung an, was aber nur insofern stimmte, dass es sich hier um die unplugged-Variante als Weltpremiere handelte. Zusammen mit ihren Musikern Ingmar und Viktor legte Luci mit dem Stück „Tempel“ los und begeisterte von Anfang an mit ihren kräftigen Stimme und ihrem Charisma. Die beiden Herren der Band hatten roten Stoff vorm Gesicht und sie trug Gold auf der Stirn. Ingmar sang in den Refrains mit, was toll klang. Nachdem die rutschende Basstrommel fixiert war, konnte es dann auch weitergehen mit „Oh Caligo“. Der textliche Mix aus Englisch, Latein und Deutsch war für einige Zuhörer neu, kam aber gut an. Kleinere technische Probleme wurden von der Sängerin sympathisch überspielt und mit „Fire“ oder „Safe“ folgten weitere Highlights des Gigs. Für Lacher sorgte sie mit dem Spruch, dass sie gern auf dem „Kindergeburtstag in der Hölle“ gespielt hätte – ein kleiner Insider. Sie verriet, dass die Band das Video zum Stück „Die with my head held high“ im Wohnzimmer von Aleister Crowley drehen durften, was eine schöne Erfahrung für alle war. Und als Ingmar bei „Pure Love“ den Einsatz verpasste, war Luci „entsetzt“ – „das ist dir ja noch nie passiert“. Das ist eben live und im zweiten Versuch klappte das Lied dann hervorragend und wurde mit reichlich Beifall belohnt. Uns gefiel diese akustische Version von Lucina Soteira richtig gut und auch alle Anwesenden hatten ihren Spaß. Am Ende verbeugten sich die drei Musiker unter frenetischem Applaus – das machen wir nochmal, ok?!


Das kleine Theater war gut gefüllt und Künstler und Gäste waren hier und da in Gespräche vertieft. Die Einrichtung war liebevoll gestaltet und so fühlten sich alle direkt wohl. Weiter im Programm ging es dann mit der Band Kimkoi. Jan kündigte auch diesen Auftritt an, aber nicht ohne vorher noch darauf zu verweisen, dass dieses Event zugunsten der Bands und des Verbunds Correctiv.org veranstaltet wurde – der Eintritt war zwar frei, aber es standen Spendenboxen bereit und die Erlöse wurden 50:50 auf alle Künstler des Tages und den Verband, der „wichtige Pressearbeit“ verrichtet, aufgeteilt. Das wurde lautstark bejubelt und dann konnten Frontmann Michael und seine Kollegen mit „Das Leben der Anderen“ in die Vollen gehen. Michaels Stimme, die ordentlich Dreck enthielt, war beeindruckend und die Gitarristen gaben hier schon alles. Die Fans hielt es vom ersten Ton an nicht auf ihren Sitzen und es wurde im Takt mitgeklatscht. Die Frage „Alles gut bei euch?“ wurde mit Jubel beantwortet. Der Sänger war richtig gut drauf und verausgabte sich in jedem Lied vollkommen – mal war er auf den Knien, dann wirbelte er seine Gitarre rum und dann brüllte er den Text nur so raus – echt toll! So sorgte er für immer mehr Stimmung, was ihn selbst grinsen ließ. Bei „Auf dem Weg“ ging er noch näher ans Auditorium ran und meinte verschmitzt „Schönes Publikum“. Wieder holte er alles aus sich raus und kniete am Ende vor seinem Kollegen mit der Gitarre. Der mehrstimmige Gesang war hier auch ein Ohrenschmaus. „Johnny, Jack und Jim“ – ein Track „über meine drei Kumpels hier“ wurde von den Zuschauern gefeiert und mitgesungen. Der Bassist hatte im Set tatsächlich eine seiner Saiten zerrissen und so mussten wir uns bei einigen Songs den Bass nur vorstellen. Aber auch das funktionierte super. Dieser Auftritt war Energie pur und hat so derartig Spaß gemacht, dass er für uns direkt das erste Highlight des Festival-Wochenendes wurde. Danke Jungs – das war super! Echt schade für jeden, der das verpasst hat.


Danach wechselten wir die Location und machten uns auf ins Heidnische Dorf. Dort war es an diesem Freitag noch angenehm leer – nicht so packevoll wie an den Wochenend-Tagen immer. Wir fanden schnell einen Sitzplatz und genossen etwas von dem mannigfaltigen kulinarischen Angebot. Wieder trafen wir Freunde und genossen die Atmosphäre, bis das Saint City Orchestra die große Bühne betrat. Die Schweizer lockten die Anwesenden mit ihren Irish Folk-Klängen vor die Stage und so wurde vom ersten Stück „Unified“ an mitgewippt und getanzt. Die Gitarristen Lorenzo und Rouven sprangen auf und ab und Akkordeon-Spieler Gabriel grinste beim Spielen übers ganze Gesicht. Geigerin Melodie war gut drauf und genoss die laute Stimmung. Links und rechts am Bühnenrand standen kleine Fässer und immer wieder stand ein Bandmitglied darauf und heizte richtig ein – „nur für euch“. Der mehrstimmige Gesang klang gut und Frontmann Sandro gab alles. Die Musiker hatten gemeinsam echt Spaß und diese Spielfreude war ihnen anzusehen – wie etwa bei „I’m alright“ als Gabriel und Melodie Rücken an Rücken spielten. Auf die Aufforderung „alle rasten mal kurz aus“ wurde das Ganze zu einer ordentlichen Party – die Musiker und ihr Publikum hatten eine tolle Zeit zusammen – bei den Rhythmen war das auch gar nicht anders möglich. Als Melodie ein Geigensolo darbot, wurde es kurz ruhiger, denn alle genossen diesen Moment. Nach und nach setzten die Musikerkollegen mit ein und dann nahm die Musik wieder Fahrt auf – ziemlich cool. Irish Folk – zum Teil mit Punk-Einflüssen – das war hier genau richtig und die Zuschauer feierten diesen Gig richtig.


Hiernach pilgerten wir weiter beim Location-Hopping – dieses Mal führte uns der Weg in die große Agra-Halle, die schon gut gefüllt war. Das war auch daran zu merken, dass es ordentlich warm war. Die Moderatoren Oliver, Elvis und Mark Benecke begrüßten noch einmal alle Zuschauer und freuten sich, dass so viele hierher gefunden hatten. Schnell verkündeten sie noch, dass Vive La Fête krankheitsbedingt ausfallen mussten und von Welle:Erdball ersetzt wurden, bevor Elvis berichtete, dass er den folgenden Künstler einst als DJ auf der Tour begleiten durfte und ihn echt „liebt“. Die Rede war hier von Peter Heppner und der wurde dann vom Publikum mit einem lauten Applaus begrüßt. Blaue Lichtstrahlen wanderten über die Bühne, als der Sänger an sein Notenpult trat. Mit seinem schlichten Outfit mit Zopf und in Jeans und Shirt sah er recht entspannt aus. So relaxed legte er dann mit „Unloveable“ los. Beim Singen schloss er immer wieder die Augen und sang mit viel Gefühl. „Hallo Leipzig, Hallo WGT“, so seine begrüßenden Worte. Peter war gut gelaunt und stimmte dann „Meine Welt“ an. Hierbei leuchteten die Scheinwerfer, passend zum Text, in den verschiedensten Farben des Regenbogens. Das sah schick aus. Leichte Soundprobleme wurden schnell gefixt, so dass sich der Hörgenuss einstellen konnte. Die zweite Stimme von Gitarrist Carsten kam hier dann auch gut rüber. Keyboarder Dirk stand links neben dem Sänger und lächelte über die tolle Atmosphäre in der Konzerthalle. Als der Wolfsheim-Klassiker „Once in a lifetime“, in einer etwas abgewandelten Version, erklang jubelten die Fans und sangen mit. Zack, waren sie allesamt um ein paar Jahre jünger und tanzten beseelt zu diesen Klängen. Dieser Auftritt war wieder ein Beispiel dafür, dass Können eben überzeugt – eine großartige Stimme und gute Songs, mit denen die Zuhörer etwas verbinden – ein absolut souveränes Festival-Set, dass für viel Beifall sorgte.


Nach einer kleinen Stärkung war es Zeit für die Europapremiere von Gvllow aus Kalifornien. Die Band, die vom Stil her als Post-Punk angekündigt wurde, betrat mit Sonnenbrillen auf den Nase die Bühne und griff direkt in die Saiten. Die Herren wirkten alle recht cool – vor allem der Bassist rang uns ein Grinsen ab – absolut entspannt, mit Kippe im Mund und die Saiten zupfend – das wirkte schon arg lässig. Anfangs war die Stimme des Frontmannes, der mit seinen Tattoos im Gesicht sehr tough wirkte, bei „Last Dance“ noch sehr leise, was sich aber nach und nach besserte. Die Menge ließ sich schnell mitreißen und hatte die Arme oben zum Mitklatschen. Die langen Rastas des Gitarristen flogen nur so im Takt umher – es wurde allmählich flotter. Auch der Drummer gab immer schnell den Rhythmus an und verausgabte sich sichtlich. Der Frontmann tat es ihm beim „Let it go“ gleich und gab alles.Die Zuschauer tanzten zu den Klängen. „We came all the long way from Riverside California“, so die Verkündigung von Gvllow, und das nur, um hier für uns für Stimmung sorgen zu können. Gesagt, getan mit „It`s so cold“. Für uns war aber insgesamt die Musik durchweg zu laut, die Stimme zu leise und mit zu viel Effekt verzerrt – selbst beim Reden zwischendurch – dass wir uns dann bald verabschiedeten und uns auf ins Herbergsbett machten.


Der erste Tag bot musikalisch schon eine sehr breite Mischung, was ja auch ein Festival ausmacht. Es waren Neuentdeckungen und alte Lieben dabei – so muss das sein. Zufrieden und mit Vorfreude auf das Kommende schliefen wir ein.

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Autor: Trixi


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