Nachgelesen - "Basement Tales Vol. 2 - Sperrgebiet"

Wie schon sein Vorgänger, kommt auch der zweite Teil der “Basement Tales” aus dem Hause The Dandy Is Dead wie ein Sammel-Exemplar eines seltenen Comics in einer Klarsichthülle daher. Absolut hochwertig produziert mit einem Cover auf Wachspapier und toller Grafik macht es wirklich etwas her. Für jede der Stories gibt es ein individuell gestaltetes Poster – die Grafiker haben sich wieder einmal sehr intensiv auf die Erzählungen eingelassen und sich selbst übertroffen. Dieses Mal entführt uns der Verlag ins „Sperrgebiet“, wo sich gleich fünf Autoren mit ihren Kurzgeschichten ausgetobt haben. Es wird gruselig, verrückt und entführt den Leser in dunkle Ecken – in Wäldern, Schächten oder der menschlichen Seele. Seid ihr dafür schon bereit?

Den Anfang macht Christoph Marzi mit „Cheapanooka’s Creek, written at 3:17 p.m. on a Monday an autumn and directed on a Wednesday and Friday afternoon (a few weeks later) by Alan Smithee“. Das ist mal ein ganz schön langer Titel für eine Kurzgeschichte! In den Wäldern rund um Cheapanooka’s Creek kommt es zu blutigen Verbrechen und Menschen verschwinden. Was mag da wohl dahinter stecken? David kommt zurück in seine Heimatstadt und durch Zufall ist er dann in der Position, diesem Geheimnis auf den Grund gehen zu können. Was haben Biber damit zu tun und wieso ist besonders das Sägewerk ein Schlüssel des Ganzen? Wird David dem Treiben ein Ende setzen können? Oder ist es schon zu spät für die Bewohner des Örtchens? Die Vorstellung, dass so etwas wirklich passieren könnte, ist wahrlich erschreckend und ruft sicherlich den einen oder anderen Umweltschützer auf den Plan…

Die nächste im Geschichtenreigen ist Diana Kinne, die den Leser mit ins „Zimmer Nr. 10“ nimmt. Krankenpfleger Kevin liebt seine Arbeit und möchte sie menschlich und ordentlich gestalten, was ihn sehr ehrt, bei seinen Chefs aber nur bedingt gut ankommt. Die Erzählung ist wie eine Art Tagebuch angelegt. An mehreren Tagen nehmen wir unter anderem an einer Teamsitzung des Pflegepersonals teil und erfahren, was mit den Insassen in der geschlossenen Abteilung der psychiatrischen Heilanstalt Saarbrücken so passiert. Besonders rätselhaft ist der „verrückte Professor“ in Zimmer 10, der nur mit Kevin spricht. Der Pfleger lässt sich total von diesem Mann vereinnahmen und gerät nach und nach an einen Punkt, der für ihn gefährlich werden könnte. Was hat es mit dem versteckten Schlüssel auf sich? Nicht immer ist es ratsam, allen Verrückten auf ihren Pfaden zu folgen, sonst endet es eventuell wie in dieser Geschichte…

„Sie betreten die Mitte des Sperrgebiets“ – so die Ankündigung zu Christian Endres Story „Ein Funken Nostalgie“. Dies ist die einzige Geschichte, die mit weißer Schrift auf schwarzen Seiten gedruckt wurde. Und warum? Weil hier absolute Dunkelheit herrscht, da der Protagonist in einem dreckigen „Loch“ eines Gefängnisses festsitzt. Dies ist seine Strafe für den Angriff auf einen Wärter. Was passiert mit einem Menschen, wenn er tagelang nur Düsternis um sich herum erlebt? Die Sinne spielen verrückt und an Schlaf ist nicht zu denken – es könnte ja sein, dass da noch jemand anderes in der dunklen Ecke lauert und dann zuschlägt. Und auf einmal ist da wirklich ein anderer Gefangener. Ist er freundlich gesonnen oder was hat er vor? Hätte der Neue doch nur nicht das Streichholz entzündet – Angst, Panik und „sein Grinsen“ – eine ungesunde Mischung, die einer der beiden mit dem Leben bezahlt… „Sie verlassen die Mitte des Sperrgebiets“

Norman Liebold überschreitet in „Parzifal“ mit seiner Hauptfigur einen Zaun. In diesem „Sperrgebiet“ hofft der Hauptdarsteller der Geschichte seinem Leben ein Ende setzen zu können, denn alles ist zu viel und alles ist sinnlos. Hier soll es wenigstens noch ein großes Haus geben, von dem sich das Runterspringen auch lohnen würde. Doch plötzlich trifft er auf einen Ritter, der ihm auf einem Motorrad entgegenkommt. Und er muss sich vor zahlreichen Zweikämpfen in Sicherheit bringen, die mit Schwertern, Panzern, Gewehren und anderen Waffen geführt werden. Was ist da nur los? Kann ihm der Motorrad-Ritter Parzifal vielleicht alles erklären? Wie kommt er hier wieder raus, denn der Zaun ist auf einmal zu einer undurchdringlichen Mauer geworden. Kann der Ritter auch seinen inneren Kampf zwischen Leben und Tod beenden? Es wird absolut absurd und auch ein wenig eklig, aber ich möchte euch nicht verraten, was hinter all dem steckt – lest selbst…

Die Letzte im Bunde ist dann schließlich Isa Theobald, die ihre Hauptfigur „Im Kerker“ zurückgelassen hat. Sie sitzt hier fest und weiß nicht, wie sie dahin kam. Nur ein Metallbett mit einer dünnen Decke steht ihr hier zur Verfügung, aber ansonsten gibt es weder Essen noch Trinken, noch Licht oder eine Tür. Was stinkt hier so? Und wie soll sie mit dem Hunger und der Dehydrierung umgehen? Plötzlich macht die Story einen Sprung und der Leser lernt Frau Berringer kennen, die wohl in einer Art Anstalt Patient ist und mit ihrem Arzt spricht. Dann ist es wieder der Kerker, der Schauplatz des Geschehens ist. Wie hängen diese beiden Personen zusammen? Sind es gar ein und dieselbe? Was hat es mit dem „weißen Licht“ auf sich? Immer wieder springt die Erzählung zwischen den beiden Schauplätzen und so wird es immer klarer, dass die Seele auch absolut dunkle Ecken haben kann, die besser nie zu Tage kommen. Arme Frau Berringer…

Diese Geschichten haben mich zum Teil verstört zurückgelassen oder zum Nachdenken gebracht. Die menschliche Natur ist eben doch unergründlich und bringt hin und wieder Aspekte zu Tage, die bemitleidenswert sind und beim großen Miteinander alles ins Wanken bringen können. Deswegen ist so ein „Sperrgebiet“ wohl doch eine gute Idee und es sollte auf keinen Fall betreten werden. Im Falle des Heftchens der „Basement Tales – Vol. 2“ ist das aber anders. Lasst euch darauf ein, aber seid gewarnt… verlauft euch nicht und kommt hoffentlich heil wieder raus.

Toll gemacht – danke! Der Teil 3 der Reihe ist schon angekündigt worden… ich freu mich drauf!


Autor: Trixi

Veröffentlichungsdatum: 01.12.2018

Verlag: The Dandy Is Dead

Format: A5 Broschüre / 52 Seiten

ISBN: 978-3-947652-04-4


Rezensiert im Februar 2019


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