Nachgelesen - "Tot bist du noch lange nicht, sag mir erst wie alt du bist." - Klaus Märkert & Myk Jung

Die Kurzgeschichtensammlung "Tot bist du noch lange nicht, sag mir erst wie alt du bist." von Klaus Märkert und Myk Jung erschien bereits im Herbst 2020 bei der Edition Outbird. Die beiden Autoren aus dem Ruhrgebiet sind fest in der schwarzen Szene verwurzelt und bekannt für ihren tiefgründig-schwarzen Humor. Dies beweisen Klaus und Myk einmal mehr in dieser Sammlung, die von jedem Autor jeweils elf Stories enthält.

Die Geschichten bewegen sich irgendwo zwischen Urban Fantasy, Realität und Fiebertraum. Sie sind voll mit skurrilen Ideen, melancholischen Gedanken, schmerzvollen Erinnerungen und nicht zuletzt liebevoll eingebauten Huldigungen bekannter Persönlichkeiten oder Figuren. Wer jedoch Protagonisten in Form strahlender Lichtgestalten und Geschichten à la "Ende gut, alles gut" erwartet, der wird unter Umständen enttäuscht sein.

Klaus und Myk nehmen den Leser mit in ihre Heimat, denn viele der Geschichten sind im Pott verortet. Egal, ob es der Oberstudienrat in Velbert, der sich mit "Woodoo" rumärgern muss, oder der Inspektor Mykkollambo aus Essen-Süd ist, der mit kriminalistischem Gespür Fakenews aufdeckt. Hier wird vor allem mit Worten gespielt und dem Leser die Szenerie förmlich in den Kopf gemalt. Manchmal ist der Konsument auch eingeladen, in die Gedanken der handelnden Personen einzutauchen, wie im Fall des Herrn Lavkraft.

Garniert mit diversen überraschenden Wendungen öffnen die beiden Autoren einen ganzen Kosmos an Absurditäten und schwarzhumorigen Geschehnissen, die vielleicht (oder vielleicht auch nicht) genauso passiert sein könnten.

Mir persönlich haben nicht alle Geschichten gefallen, aber bei 22 Stories kann das sicher mal vorkommen. Ich mochte die Verbindung der beiden zu ihrer Heimat, die häufiger mehr als offensichtlich ist. Ich habe mich über Wortspielereien, literarische "Easter-Eggs" und Anspielungen auf bekannte Werke oder Personen gefreut. Ich habe geschmunzelt, war berührt und habe auch ab und an den Kopf geschüttelt. Eines jedoch war bei allen Geschichten gleich - ich habe gemerkt, dass sie mit viel Herzblut und Spaß geschrieben wurden. Und das zeichnet die Autoren aus meiner Sicht aus, wenn genau so ein Gefühl transportiert wird.

Fazit: "Tot bist du noch lange nicht, sag mir erst wie alt du bist." ist eine Sammlung für alle, die genug von der ewig spannenden, "Friede, Freude, Eierkuchen"-Literatur haben und die mal über den Tellerrand in dunkle Abgründe schauen möchten, ohne dabei viel Blut und Horror zu begegnen. Die Gedankenwelt mancher Protagonisten ist eben viel schlimmer, als es die Wirklichkeit jemals sein wird und auch das lohnt es sich aufzuschreiben. Das ist manchmal traurig, manchmal ein bisschen spooky und oft auch witzig, aber niemals abstoßend oder unnötig. Insofern ist die Geschichtensammlung zwar vielleicht nicht für jeden etwas, aber wer sich darauf einlässt, wird eventuell die eine oder andere Erkenntnis aus diesem Buch mitnehmen. Und wenn es das Gefühl ist, dass es einem selbst doch ganz schön gut geht und die eigenen Dämonen zu knuddeligen Kuscheltierchen werden angesichts der Ereignisse, die die Hauptpersonen im Buch ereilen.

Autorin: Billie Przegendza

Veröffentlichungsdatum: 28.09.2020
Verlag: Edition Outbird
Format: 13,5 x 1,5 x 20,0 cm / 158 Seiten / Taschenbuch (Softcover)
ISBN: 978-3948887100

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