Am 28.07.2023 hatte das Pappnoptikum in Leipzig, welches sich in den Räumlichkeiten des Mytholon-Centers in Leipzig Engelsdorf befindet, literarischen Besuch aus dem fernen Ruhrpott. Zu Gast auf der Merkantinum Lesebühne waren die Autorin Anja Bagus, unter anderem Erfinderin des Amtes für Ætherangelegenheiten, und ihre Tochter EvA, die sich bereits einen Namen als Illustratorin gemacht hat. Die beiden stellten dort ihre aktuellen Werke vor und ich war dabei. Zum einen, weil ich die beiden Frauen lange nicht gesehen hatte und zum anderen war ich gespannt auf die neuen Sachen. Also machte ich mich auf den Weg nach Leipzig.
Die Lesebühne des Merkantinums könnte dem einen oder anderen bereits von den Mytholon-Hoffesten oder den Lesungen im Rahmen der diesjährigen Leipziger Buchmesse bekannt sein. Auf den großen Flur zwischen den beiden Ladengeschäften waren einige Bierbänke und natürlich der große Lesesessel aufgestellt. Im Hintergrund gab es einen Büchertisch, wo die Anwesenden die Bücher von Anja, allerlei Kleinigkeiten, Ætherlinge und Bilder aus EvAs Feder käuflich erwerben konnten. Nach und nach trudelten Zuhörer*innen ein und so langsam füllten sich die Bänke. Der Leipziger Maker Falco - Orcus aves Steampunkart, der auch die Abteilung Rettung & Rückholung des Amtes für Ætherangelegenheiten betreut, hatte selbstverständlich seine mobile Amtsstube dabei und stempelte Zeitreisepässe, musste jedoch auch diverse Rügen verteilen. Nachdem sich alle einen guten Platz gesichert hatten, ging es dann auch recht unkompliziert los. Nadine Reuter, die neben ihrer Verlegerinnentätigkeit bei Lysandra Books auch Inhaberin von Pappnoptikums Wunderkammer ist, stellte die beiden Hauptpersonen des Abends kurz vor und betonte noch einmal, wie sehr sie sich darüber freut, dass Anja und EvA den weiten Weg aus Essen nach Leipzig gemacht haben. Dann wurde noch kurz das Pizzacatering für die Pause geklärt und danach griff Anja, die bereits auf dem Sessel Platz genommen hatte, zu einem ihrer Bücher.
Zunächst machte sie darauf aufmerksam, dass ihre Tochter während der Lesung Zeichnungen anfertigte, natürlich mit Wunschmotiv. So konnten sich also die Anwesenden in Aquarell porträtieren lassen und die Bilder am Ende des Abends mit nach Hause nehmen. Außerdem musste noch kurz besprochen werden, aus welchem Werk gelesen wird. Die Wahl fiel auf die "Zeitarbeiterin", in der Anja die Story einer solchen erzählt, immer wieder unterbrochen von lustigen und/oder skurrilen Erlebnissen in mehr oder weniger schönen Nebenjobs der Protagonistin Mia. Mittlerweile gibt es von dieser Reihe zwei Teile.
Und da ein Teil der Anwesenden schon am Mittwoch, den 26.07.2023, bei Christian von Asters Veranstaltung "Staun & Schauder" dabei waren, wo Anja ebenfalls gelesen hatte, suchte die Essenerin eine Geschichte aus, die am Mittwoch noch nicht vorgestellt wurde. So erfuhren wir, was Mia als Aushilfe auf einer Esoterikmesse erlebte. Während sich die Zeitarbeiterin mit Haremshosen, Duftölen, Geistheilern und Orgonstäben auseinandersetzte, gab es im zuhörenden Publikum viel Gelächter. Anja entschuldigte sich zwischendurch bei allen Menschen mit Dreadfrisuren und erklärte, dass diese Geschichte bewusst mit Klischees spielt, was auch alle verstanden und ihr nichts krumm nahmen.
Weiter ging es dann mit einer neuen Geschichte aus dem Amt für Ætherangelegenheiten. In dem Stück "Gott" aus dem Buch "Hund & Katz" lernten wir die beiden Beamten Weiterstätter, seines Zeichens ein Mannhund, und Tannengrün, die eine Katzenfrau ist, kennen. Die beiden mussten sich damit befassen, dass Gott (als DER Gott der Christen) in Gestalt eines brennenden Buchsbaums beim Amt vorsprach. Bei so einem Amt ist halt immer was los und manchmal sind es eben auch unglaubliche, merkwürdige Dinge. Was das Fräulein Schneider und Kaffee damit zu tun haben, erfahrt ihr im Buch, welches ihr über den Webshop der Autorin bestellen könnt.
Im Anschluss an diesen Ausflug ins Amt wechselten Anja und EvA die Plätze, denn neben ihrer Tätigkeit als Illustratorin schreibt EvA auch kleine Geschichten und erschafft daraus Comics und Mangas. Die aktuellste Geschichte erzählt von dem Apotheker Simon und seinem Beziehungsleben. Das Ganze wird es als Comic geben und bisher kennen nur die Menschen, die EvA auf Patreon unterstützen, die Bilder und Texte. Für uns las EvA ihr bisheriges Lieblingskapitel vor und über einen Beamer konnten wir uns auch die dazugehörigen Strips anschauen. Die Zeichnungen fertigt die junge Künstlerin vorrangig digital an, weil sie dabei "mehr Möglichkeiten bei den Farben hat und es auch schneller geht als auf Papier". Es gab für den vorgestellten Ausschnitt viel Applaus und so konnten wir in eine kurze Pause mit Pizza und netten Gesprächen gehen.
Nachdem alle gesättigt waren, ging es noch einmal in die Welt der "Zeitarbeiterin". Anja lud uns ein, mit ihrer Protagonistin Mia einen Tag im Möbelhaus (nein, nicht dem schwedischen) zu verbringen und mitzuerleben, wie Mia es schaffte einer resoluten Mutter eine Wohnstubeneinrichtung zu verkaufen, die so teuer war, dass am Ende ein Lesesessel für Mia als Bonus raussprang. Interessanterweise enthielt diese Geschichte, wie auch allen anderen dieser Bücher, eine unterschwellige Botschaft oder auch Lebensweisheit. Beim Möbelhaus war es die Erkenntnis, dass unbezahlte Überstunden blöd sind und sich die Leute damit nur selber schaden.
Die letzte Geschichte des Abends führte uns und Mia dann in ein Callcenter, welches sich zur Aufgabe gemacht hatte, den Leuten Dinge zu verkaufen, von denen sie nicht wussten, dass sie sie brauchen, bis sie davon hören. Vielleicht erinnert ihr euch (mit Grausen) an Kataloge für moderne Hausfrauen oder Getränkeabos für Wein. Genau diese Sachen sollte Mia per Telefon an die Angerufenen bringen und wer eventuell schon mal selbst in einem Callcenter arbeiten musste, weiß genau, was das manchmal für ein Sch***job ist. Es gab jedenfalls wissendes Nicken und gequälte Gesichtszüge bei einigen Zuhörenden, aber auch Gelächter.
Im Anschluss an die vielen vorgelesenen Storys gab Anja noch einen Ausblick auf einen eventuellen dritten Teil dieser Buchreihe und machte schließlich darauf aufmerksam, dass sowohl sie selbst, als auch ihre Tochter bei Patreon vertreten sind und dort unterstützt werden können. Damit war der Lesespaß auch schon vorbei. Die Gäste bedankten sich noch kurz in persönlichen Gesprächen bei den beiden Akteurinnen des Abends, stöberten ein wenig in Pappnoptikums Wunderkammer und verließen dann beseelt den Ort des Geschehens. Auch ich verabschiedete mich von Anja und EvA und machte mich wieder auf den Heimweg.
Ich möchte es jedoch nicht versäumen, mich bei allen zu bedanken. Vielen Dank also an Nadine Reuter und ihr Lädchen, das einmal mehr als Lesebühne diente und auch ohne Lesung einen Besuch wert ist. Mein Dank geht natürlich auch an die die beiden Bagus-Frauen, die leider viel zu selten im Osten weilen, aber zum Glück (dank Internet) nur einen Mausklick entfernt sind. Und nicht zuletzt danke an alle, die dabei waren und das Ganze zu einem kleinen, feinen und fast familiären Abend gemacht haben, den ich sehr genossen habe. Ganz viel Liebe für euch alle!
Autor: Billie