Festivalbericht - NCN 2022 - Freitag

Nachdem die Nocturnal Culture Night die vergangenen zwei Jahre als Special stattfinden „musste“, war es in diesem Jahr endlich wieder soweit und ein „reguläres“ NCN konnte vom 02.-04.09.2022 im Kulturpark Deutzen seine Pforten öffnen. Die nunmehr 15. Ausgabe bot ein reichhaltiges Angebot an Konzerten und Lesungen, welches das Team um Organisator Holger Troisch für uns auf vier Bühnen auf die Beine gestellt hat. Natürlich waren auch wir wieder dabei – dieses Mal zu viert, so dass wir noch mehr für euch entdecken und in Wort und Bild einfangen konnten.


Am ersten Tag kamen wir, nach der Arbeit etwas verspätet an, und starteten mit Sandow in das Festivalwochenende. Moderatorin Anne meinte dazu: „Ihre musikalische Wucht wird euch aus den Schuhen hauen“ – wir waren gespannt. Die Punkband, die vor 40 Jahren in der ehemaligen DDR gegründet wurde, wurde von den Fans sehnsüchtig erwartet. Mit einer langen Video-Ouvertüre zu „Europa“, die hier sogar ihre Premiere feierte, ging es los. Das Charisma des Frontmannes Kai-Uwe war beeindruckend, wie er da so mit ausgebreiteten Armen am Mikrofon stand und sang. Zum Stück „Sei trunken“ prosteten die Zuschauer den Musikern zu und bewegten sich im Takt der Marschgeräusche aus den Boxen. Die Gitarristen Ralf und Chris hatten Spaß und standen auch mal beieinander. „Willkommen, meine Lieben, in der seltsamsten aller Welten – der Welt von Sandow.“ Auf der Reise quer durch 40 Jahre Bandgeschichte gab es Hits wie „Hei Hei“, „Rausch“ oder „Anschlag“ auf die Ohren. Der mehrstimmige Gesang oder die Sounds der Handkurbel-Sirene sponnen einen tollen Klangteppich, bei dem das Publikum ausgelassen tanzte und die Textzeilen laut mitbrüllte. Wir hatten die Band noch nie live gesehen – da wurde es nun endlich mal Zeit und wir haben es echt genossen. Wir waren direkt wieder jung und erinnerten uns an unsere Punkzeiten. Lang, lang ist’s her! - by Trixi


Auch wir als zweites Team kamen durch Arbeit, diverse Verkehrsbehinderungen und organisatorische Verzögerungen dezent zu spät, so dass wir von der Band, die wir eigentlich als erstes sehen wollten, nur noch den letzten Song mitbekamen. Schade! - by Billie


Dann erreichte uns alle die Info, dass Ashbury Heights nicht spielen konnten, da ihr Flug aufgrund des Pilotenstreiks gestrichen wurde. Auch der Gig von Henric de la Cour musste an diesem Freitag entfallen und wurde auf Samstag verschoben. M.I.N.E. spielten dafür auf einem hinteren Slot im Line-Up, aber dazu später.


Wir hatten uns alle Änderungen vermerkt und standen schließlich vor der Kulturbühne, wo KiEw angesagt waren. Mit einer kleinen Verspätung dröhnte dann auch schon Industrial-Krach aus den Boxen. Andreas drehte an den Knöpfen und haute auf Tasten und erzeugte so zum Teil sehr fiese hohe Töne. Währenddessen griffen Matthias und Stephan in die Saiten ihrer Gitarre. Anfangs klang es fast, als ob alle drei unterschiedliche Tracks spielten, doch dann groovte es sich ein und wir erkannten auch den einen oder anderen Song wie etwa „Exit“ oder gegen Ende der allseits beliebte „Blutrausch zum Feierabend“. Mit einem knappen „Hey NCN“ begrüßten sie die Anwesenden und ließen Textzeilen wie „Das regt mich auf“ erklingen. Die Menge bewegte sich zu den Rhythmen und der Jubel war nach den Liedern immer recht ordentlich. Andreas stand auch keinen Moment still und sprang oder tanzte hinter seiner ganzen Technik – das machte also Spaß - vor und auf der Stage! - by Trixi


Wir schlenderten dann ein wenig übers Gelände, um alle Bühnen einmal in Augenschein zu nehmen und zu sondieren, wo es was zu kaufen bzw. zu essen gab. Wir wollten ja schließlich dieses Wochenende nicht mit leerem Magen und leeren Taschen überstehen.- by Trixi


Nach dieser Sondierung fanden wir uns wieder an der Parkbühne ein, denn nun waren die Schweden von Alvar an der Reihe. Anne bezeichnete den Stil der selbsternannten „Assassins Of The Noise“ als „schon bissl krass“. Das Ganze habe auch einen „Hauch Düsternis“ zu bieten. Die Zuschauer waren heiß drauf und applaudierten laut, als Jonas, Johanna, Jimmy und Fredrik nach vorn kamen. Johanna stand vor einem großen aufgeklappten Koffer, in dem viel Technik versteckt war. Dabei schaute sie die ganze Zeit sehr ernst. Frontmann Jonas brüllte die Texte nur so raus und lief zwischen seinen Kollegen hin und her. Dabei waren unter anderem Sounds zu hören, die uns an Zeichentrickfilme erinnerten. Jimmy drosch mit einem Knüppel auf einen alten Benzinkanister ein und Fredrik sorgte mit seiner Gitarre für wieder andere Geräusche. Eine wilde Mischung, zu der sogar die Textzeile „What are we doing here?“ passte – es war absolut anders und sorgte beim Publikum für Jubelstürme. Sogar Industrial-Urgestein Dirk Ivens schaute zu und hatte seine Freude an der Darbietung. Rund um ihn herum wurde getanzt und gefeiert. Dieser Gig war also ein echter Erfolg. - by Trixi


Uns führte der Weg nach einer großzügigen Begehung des Geländes wieder an die Waldbühne, wo Still Patient? auf der Bühne standen. Sänger Andy Koa und seine Mitstreiter waren kurzfristig eingesprungen, da die Kollegen von The Eternal Afflict krankheitsbedingt abgesagt hatten. Also ging es am frühen Abend mit Gothrock made in Germany in die Vollen. Natürlich hatten Still Patient? neben ihren neueren Tracks auch die "ollen Kamellen" im Gepäck, aber den zahlreichen Fans vor der Bühne war das nur recht. Euphorisch wurde mitgesungen, Applaus gespendet und heftig getanzt. Die Band strahlte mit dem Publikum um die Wette und Sänger Andy verausgabte sich während des Gigs. Wir persönlich hatten die Formation noch nie live erlebt, waren aber sehr angetan von den Gitarrenriffs und dem energetischen Gesamteindruck, den Still Patient? auf dem NCN hinterlassen haben. Well done! - by Billie


Wenig später waren wir wieder bei der Kulturbühne, denn hier waren The Lust Syndicate angesagt und da wir die Band noch nicht kannten, waren wir gespannt auf etwas Neues. Die Italiener kamen mit Masken im Gesicht und einer Kapuze auf dem Kopf auf die Bühne, so dass nicht erkennbar war, welcher der drei Herren Simone von Spiritual Front war und wer seine Kollegen. Im Hintergrund waren die ganze Zeit über Videos von diversen Demonstrationen zu sehen, wo mit Steinen oder Molotow-Cocktails nach der Polizei geworfen wurde und Plakate in die Höhe gehalten wurden. Es war aber nicht genau zu erkennen, wogegen da jeweils demonstriert wurde. Die Musiker ließen verlauten: „Wake up! Don’t bow your head.“ Alle drei droschen auf E-Drums ein oder schwangen einen Schellenring und gaben so einen Rhythmus zum Mitbewegen an. Mit einer Faust gen Himmel gereckt sang der Frontmann “We have the right to hope“. Seine Stimme klang wirklich toll und passte zu den ansonsten eher ruhigen Stücken. Seine ausdrucksstarke Gestik machte wett, dass sein Gesicht nicht zu erkennen war – das macht echtes Charisma aus. Das Ganze war uns persönlich aber etwas zu politisch angehaucht – nennt sich die Formation ja selbst auch „Anti Capitalist Industrial Pop“. Deswegen machten wir uns auf die Suche nach etwas Essbarem und einem Sitzplatz zum Ausruhen. - by Trixi


So gestärkt ging es dann auf zu unserem Highlight des Tages. Moderatorin Manja verlangte: „Ich möchte jetzt hier Ballett sehen. Endlich haben wir sie hier.“ Gemeint waren selbstverständlich die Schweden von Cat Rapes Dog und das Publikum rastete schon förmlich aus, als die vier die Bühne betraten und mit „Trojan Whores“ einen ihrer Hits anstimmten. Dabei sprang John auch gleich mal auf die Boxen im Bühnengraben, um den Fans noch mehr und direkter einzuheizen. In den ersten Reihen ließen sich alle davon anstecken und so bildete sich schnell ein Moshpit. Auch der Rest des Publikums feierte wild und überall wurde im Rhythmus mitgetanzt oder laut mitgesungen. Der Jubel nach Songs wie „Cannibal Hippies“ oder „Fuck nature“ war mehr als laut. Annelie und John brüllten die Texte schier raus und es waren ihnen anzusehen, dass sie alle vier echten Spaß hatten. Sie sprangen herum, kamen immer wieder auch in den Fotograben an die erste Reihe heran und verausgabten sich vollkommen. Die Zuschauer hatten die Arme oben und das war auch gut so, denn einige Fans nutzten das zum Crowdsurfen. Im Hintergrund waren auf der Stage sogar alte Bandvideos auf einer Leinwand zu sehen – ein tolles Gesamtkonzept. Der mehrstimmige Gesang war ein Trommelfellschmeichler und die Stimmung hätte nicht besser sein können. Überall war nur zu hören: „Das ist mal ein richtiger Abriss!“ Und Recht hatten sie alle. Weitere Klassiker waren „Country Gods“ und das von allen erwartete „Moosehair underwear“ bildete den krönenden Abschluss für diesen fulminanten Gig. Megageil! Danke dafür! - by Trixi


Dann machten wir uns auf den Heimweg. - by Trixi


Wir blieben noch eine Weile, denn durch die ganzen Verschiebungen an diesem Festivaltag waren M.I.N.E. auf den Headlinerslot gerutscht, der eigentlich für Henric de la Cour gedacht war. So kamen also fast alle Besucher des NCN kurz vor halb elf an die Amphibühne, um mit Marcus Meyn, Jochen Schmalbach und Volker Hinkel den Abend zu beschließen. Die Band freute sich sichtlich über "volles Haus" und dankte zunächst allen, dass sie diesen Platz einnehmen durften. Dann ging es auch gleich mit Musik los und M.I.N.E. zeigten einmal mehr, dass sie neben den ganzen 80er-Klassikern von Camouflage auch anders können. Trotzdem kann Sänger Marcus natürlich seine Liebe zu den Synthieheroen nicht ganz verleugnen. Optisch bekam das Publikum eine Menge Depeche Mode zu sehen, denn der Frontmann zeigte während des Auftritts, dass er auch als Dave Gahan-Double eine gute Figur macht, zumindest was die Dancemoves betrifft. Stimmlich überzeugte Marcus mit sanften Tönen bei den ruhigeren Tracks und mit viel Kraft und Energie bei den Stücken, die das brauchten. Die Gäste des NCN sangen viel mit, tanzten sich unter dem Nachthimmel die Seele aus dem Leib und geizten nicht mit Beifall, welchen die Band förmlich in sich aufsaugte. Ungefähr auf der Hälfte des Sets forderte jedoch der lange Tag seinen Tribut bei uns und so überließen wir dem feiernden Publikum das Feld und fuhren gen Heimat. Schließlich war der Freitag erst der erste Tag für uns und es lagen noch zwei Tage vor uns. - by Billie


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Autoren: Trixi & Billie


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