Messebericht - Leipziger Buchmesse & Manga-Comic-Con 2024 - Freitag

Der zweite Messetag startete für mich wieder kurz nach der Eröffnung der Messehallen mit einem ausgiebigen Spaziergang durch all das wunderbare Bücherangebot all der tollen Verlage und Autoren – ich wusste oft gar nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte. In den Hallen war es warm und auch schon wieder recht laut.


Dann begab ich mich aber direkt an den Stand von MDR Kultur. Ich bekam noch den Schluss eines Gesprächs mit einem Musikredakteur mit, wo übers Radiomachen gefachsimpelt wurde, was auch spannend klang, dann aber schon zu Ende war, denn nun sollte hier Autor David Gray seinen neuen Thriller „Instinct – Der Tod in den Wäldern“ vorstellen. In einem intensiven Einblick durch den Ökothriller erfuhren die Zuhörer, wie der Klimawandel in den Griff zu bekommen wäre und wie die Gesellschaft danach aussehen könnte, denn in dem Buch wird ein Blick 100 Jahre in die Zukunft geworfen in ein Deutschland, das sich eben durch den Klimawandel und verschiedenste Maßnahmen danach verändert hat. Es wurde viel mehr Wildnis geschaffen, Dörfer wurden dafür entvölkert und die Menschheit lebt in riesigen Megacities. Neoschamanismus und eine sog. „Sisterhood of Light“ haben die großen Religionen abgelöst. David und der Moderator der Buchpräsentation stellten nach und nach auch einige der Figuren aus dem Buch vor – wie die weibliche Hauptfigur, die eine Enkelin der heutigen Klimakleber ist und noch immer, auch in 100 Jahren, damit zu kämpfen hat, als Frau in einer Führungsposition als leitende Urwald-Rangerin von den männlichen Kollegen ernst genommen zu werden. Sie bekam dann mit getöteten Großtieren zu tun und musste versuchen, die Ursache zu finden. Das ganze Buch war aber nicht als Dystopie angelegt, denn gemäß dem Leitspruch einer Autorinnen-Kollegin hat der sympathische Leipziger Autor sich vorgenommen auch mal einen positiven Blick in die Zukunft zu werfen. Wie ich finde – ein guter Ansatz!


Danach entdeckte ich an verschiedenen Verlagsständen immer mehr bekannte Autoren, die für Signierstunden vor Ort waren. Zum Teil waren die Warteschlangen für ein Autogramm und ein Bild mit dem Lieblingsschreiberling echt lang und reichten zum Teil bis in die Außenbereiche der Messehallen. So war es etwa bei Michael Tsokos oder auch bei Bernhard Hennen und Markus Heitz.

Bei der Buchmesse-Version der beliebten Fernsehsendung „Druckfrisch“ mit Denis Scheck war es in der großen Glashalle der Messe so voll, dass ich gerade einmal ein Bild machen konnte und dann verkrümelte ich mich auch schon wieder, denn es war laut und eng und so war es schwer, dem Vortragenden folgen zu können. In der Glashalle konnte ich dann dafür einige Cosplayer dabei beobachten, wie sie an den Seiten der Halle für Fotoshootings posierten und sich gegenseitig bewunderten und Tipps gaben, ihre Outfits zu optimieren bzw. sich darüber austauschten, wie das ein oder andere Detail zu bewerkstelligen sei. Außerdem waren in der Glashalle einige Podcast- und Radio-Macher vor Ort, die live von der Messe sendeten und hier in Interviews und Gesprächsrunden Autoren und ihre Werke vorstellten und verschiedene Themen diskutierten. Wenn gerade nichts auf den kleinen Bühnen los war, lief dort Musik und bildete so mit dem Gemurmel der Messe einen wilden Sound-Mix.


Auf der Bühne des Schwarzen Sofas, das gar nicht schwarz war dieses Mal, kam ich dann noch fast rechtzeitig zur Vorstellung des „Der wichtigste Comic der Welt – Geschichten zur Rettung des Planeten“. Hier war Jonathan Kunz vor Ort – ein Teil des bekannten Künstler-Duos War & Peas – und präsentierte das Werk zusammen mit Steffen Volkmer vom Panini Verlag. Sie berichteten darüber, dass diese beeindruckende Comic-Sammlung, das eher in Form eines dicken Buches daherkommt, in Zusammenarbeit mit vielen berühmten, internationalen Persönlichkeiten entstanden ist, die alle einen Beitrag beigesteuert haben. Da wären z.B. Yoko Ono, Paul McCartney, Sir Ian McKellen, Sir Patrick Stewart und viele mehr. Jonathan und sein Kollege Timo Wuerz hatten natürlich auch ihren Anteil an diesem Werk, dass nicht belehrend sein soll, sondern eher Denkanstöße darüber geben möchte, „was wir der Welt antun“, und Hoffnung aufbauen will. Es sei auch zur Umweltbildung geeignet. Das Buch wurde sogar klimaneutral produziert. Als kleine Zwischenbemerkung meinte Jonathan, dass ja wählen gehen schon eine Möglichkeit sei, etwas für den Umweltschutz zu tun – Recht hat er. Die Geschichten waren alle unterschiedlich illustriert, denn auch viele bekannte Comic-Zeichner hatten hier ihren Teil dazu beigetragen. Zuerst war das Ganze auf Englisch erschienen, doch nun konnte alles auch endlich auf Deutsch umgesetzt werden, was gerade bei den Zeichnungen, die die Texte direkt im Bild integriert hatten, nicht einfach war. Timo, der an diesem Tag leider nicht live vor Ort sein konnte, hatte für die deutsche Version sogar noch eine zusätzliche Story beigefügt. Sie berichteten darüber, wie es zu der ein oder anderen Zusammenarbeit kam – das war schon spannend. Dann diskutierten sie noch darüber, dass Mangas und Comic absolut zur Literatur dazugehörten und das hätten sie mit diesem wichtigen Werk wieder einmal bewiesen – dafür gab es lauten Beifall. Insgesamt eine tolle Idee und ein gutes Werk, das hier auf der LBM und MCC seine Vorpremiere feierte und von vielen gelesen werden sollte.


Nachdem ich mich dann wieder einige Zeit bei Freunden und Bekannten in der Ecke der fantastischen Verlage rumgedruckt hatte – Grüße an die Drachenhüter von Edition Roter Drache und Anja Bagus, die den Stand von Lysandra Books betreut hat - um tolle Gespräche zu führen, wuselte ich noch durch andere Messehallen und traf auch da liebe Bekannte, die direkt in ein Fachgespräch über Filme, Synchronsprecher und Schauspieler verwickelt wurden – hier gehen Grüße an Germaine Paulus und Tom Becker vom Verlag The Dandy Is Dead raus.


Dann war es aber Zeit für die Lesung von Florian Schäfer und Janin Pisarek vom Projekt Forgotten Creatures, die ihr neuestes Werk „Fast verschwundene Fabelwesen – Die sagenhafte Expedition des Konstantin O. Boldt“ im Gepäck hatten. Die Präsentation beschäftigte sich dann aber doch mehr mit den Fabelwesen an sich und wo sie ihren Ursprung hatten. Florian war als Vortragender sehr unterhaltsam und souverän und verriet uns Zuhörern z.B., dass das Einhorn nicht schon immer ein großes, weißes Pferd mit einem Horn auf der Stirn war, sondern im Laufe der Geschichte eher als Ziege begann und dann immer größer und anmutiger wurde. In seiner Passion als Biologe hat Florian selbst begonnen, sich mit derartigen Fabelwesen und Tieren genauer zu befassen und das ein oder andere auch nachzubauen (in ausgestopfter Variante – nicht genetisch) und hatte auch einige davon mit auf der LBM an seinem Messestand in Halle 1. Hier auf der kleinen Bühne zeigten sie von derlei Getier lediglich Bilder und ich muss sagen, diese Wesen sahen zum Teil schon arg wunderlich aus. Wusstet ihr etwa, dass ein Basilisk früher ein Hahn war, der verändert war und eben keine riesige Schlange mit Giftzähnen wie bei Harry Potter? In früheren Jahrhunderten waren Fabelwesen oft real für die Menschen und nicht wenige Forscher suchten nach ihnen – das haben sie in ihrem o.g. Buch auch nachgestellt – ein Forscher sucht nach Wesen und dokumentiert seine Erlebnisse und Erkenntnisse in Form eines reich illustrierten Tagebuchs. Janin ist die Erzählforscherin des Teams und hat die Geschichte der einzelnen Vertreter im Buch recherchiert und aufgeschrieben. Sie erzählte hier auch, dass der umgangssprachliche Schwarze Hund, der ja auch als Synonym für eine Depression gilt, auf die Aufhockertiere im Mittelalter zurückgeht, wo das Böse eben in Form von Dorftieren, wie Hunden, die Menschen heimgesucht hat und je nach Region ein anderes Tier war oder einen anderen Namen hatte. Auch Wolpertinger gab es überall in Europa – nur der Name und die Zusammenstellung der Tiermerkmale waren anders. Das war absolut spannend und ich hätte noch lange zuhören können, doch auch hier war die Zeit schnell vorbei und nicht wenige waren neugierig auf das Buch.


Nachdem ich mir dann noch ein paar Bücher und etwas zu Essen gegönnt hatte, machte ich dann wieder Station an der Großen Bühne, denn wie schon im Jahr zuvor, sollte hier ein Live-Pen & Paper-Event stattfinden, dass wieder einmal witzig zu werden versprach. Roll the dice! war hier der Titel und dazu gerufen hatten Spielleiter Autor Christoph Hardebusch und als Spieler die Autorinnen Liza Grimm, Annabelle Stehl, Lisanne Surborg und der Autor Mikkel Robrahn. Alle, bis auf Liza, hatten Katzenohren auf dem Kopf, denn wieder einmal wurde hier im Spielsystem Die Schwarze Katze – ein Ableger von Das Schwarze Auge – gespielt. Auch die Figuren waren die gleichen, wie im vergangenen Jahr – Liza spielte die Katze Spooky, die auf alles Glitzernde steht, Mikkel spielte den Kater Flumm, der erforschte, ob Katzen wirklich neun Leben haben – aber natürlich nur an anderen Vertretern seiner Art – Annabelle war eine aristokratische Katze, die leider nicht mehr in guten Verhältnissen lebte und Lisanne gab Lady – eine Katze, die durch ihren Handel mit Katzenminze und dergleichen in Schwierigkeiten geraten war. Ort des Geschehens war wiederrum die Bibliothek aus Obsidian, wo drei der vier mittlerweile lebten und Lady kam nun dazu. Sie hatte Trouble mit einigen Straßenhunden und die anderen drei retteten sie auf ihre eigene, urkomische Art und Weise. Warum ein Speer als wissenschaftliches Instrument herhielt und was ein Drogenrausch mit all dem zu tun hat – ich kann das gar nicht alles so genau wiedergeben, das hättet ihr echt selbst miterleben müssen. Dabei entschieden natürlich die Würfel über Gelingen und Misserfolg der einzelnen Aktionen – wie sich das für Pen & Paper eben gehört. Und vielleicht war es wieder einmal von Vorteil, dass hier mehrere Autoren die Rollen zum Besten gaben, denn sie als Schreiberlinge wissen alle ganz genau, was einen guten Charakter ausmacht – Authentizität, ein guter Mix aus Humor und Ernsthaftigkeit und viel Enthusiasmus. Alle Zuschauer haben hier mit den Spielern auf der Stage um die Wette gelacht und die 1,5 Stunden sind wie im Fluge vergangen. Ich habe mich auf jeden Fall gut unterhalten gefühlt, auch wenn storytechnisch nicht wahnsinnig viel passiert ist.


Direkt im Anschluss an dieses Rollenspiel-Intermezzo gab es für alle Fans der fantastischen Literatur das Highlight des Tages – die Verleihung des Seraph 2024 stand auf der Großen Bühne an. Nachdem ein monumentales Intro die Veranstaltung eingeleitet hatte, begrüßten Oliver Graute und Natalja Schmidt das Publikum zur 13. Verleihung dieses Preises der Phantastischen Akademie e.V. Es gab viel Beifall und nach einigen einführenden Worten wurden alle Mitglieder der Jurys in den drei Kategorien Bestes Buch, Bestes Debüt und Bester Independent-Titel vorgestellt. Es wurde sich selbstverständlich auch bei allen Sponsoren und Unterstützern bedankt. Besonderer Dank ging dabei dieses Mal an Autorin Liza Grimm, die in einer Twitch-Spenden-Sammelaktion ganze 12.000€ zusammengetragen hatte und diese dem Seraph spendete, was die Organisatoren regelrecht sprachlos machte. Dieses Geld ging zu gleichen Teilen, zusätzlich zum eigentlichen Preisgeld, an alle drei diesjährigen Preisträger. In der anschließenden Eröffnungsrede philosophierte Oliver unter anderem über das Thema KI (künstliche Intelligenz) in der Literatur und was diese Technologie für einen Paradigmenwechsel in unserer Gesellschaft zur Folge haben könnte. Wir sollten ausloten, wie wir damit leben können und wollen und das die Entscheidung darüber ganz allein bei uns selbst liegt. Er stellte aber gleich klar, dass mit KI erstellte Texte in Zukunft beim Seraph verboten sind. Außerdem verriet er, war die Verleihung in diesem Jahr erst am Messe-Freitag stattfand und dass dies auch in Zukunft so sein werde – sie wollen so noch mehr phantastisch Interessierte erreichen. Seine Rede beschloss er dann mit den Worten: „Bleibt offen und bleibt kritisch.“

Der Vorjahressiege Christoph Abendroth hielt im Anschluss die Laudation für den diesjährigen Siegertitel in der Kategorie Bester Independent-Titel. Diese sei dystopisch-utopisch und habe einen tollen Weltenbau. Die kaputte Hauptfigur habe einen sehr aktuellen Bezug und der Leser finde gute Vergleichsmöglichkeiten zur heutigen Zeit. Gewonnen hat schließlich Mary Stormhouse mit „Draußen“. Die Autorin war absolut überwältigt. Sie kam in einem Cosplay-Outfit mit spitzen Ohren und Perücke auf die Bühne, denn sie hatte nie damit gerechnet, den Seraph zu erhalten. Deswegen hatte sie ihr Styling auch gar nicht darauf ausgerichtet. Das war sehr sympathisch und die glückliche Gewinnerin bedankte sich in ihrer kurzen Rede bei all ihren Unterstützern.

Bevor es als nächstes an die Verleihung in der Kategorie Bestes Buch ging, hielt Natalja noch eine kurze Rede. Darin ging sie darauf ein, dass wir in brutalen und schwierigen Zeiten leben, wo Demokratie ein wichtiges Gut sei und wählen gehen wichtig und richtig ist. Sie berichtete außerdem davon, dass sich die Buchbranche an sich immer selbst klein mache und das genau deswegen die Unterstützung der Branche und natürlich vor allem der Phantastik wichtig und gut sei, damit sie bestehen kann. Auch der Support für einzelne Talente sei entscheidend und genau das täten sie ja hier mit diesem großartigen Preis, der nicht nur eine Preisstatue in Form des Seraph bedeutet, sondern eben auch ein Preisgeld, Reichweite erhöht und so sichtbarer macht. Dann kam die Vorjahres-Gewinnerin der genannten Kategorie an die Reihe, die einleitenden Lobesworte vorzutragen – das war in diese Fall Theresa Hannig. Sie sprach darüber, was eine gute Geschichte und was das eigene Leben dagegen mit allen Ängsten und Schwächen ausmacht. Die Gewinnerin hat das alles in einen tollen Einklang gebracht und gewonnen hat Carina Schnell mit „A Breath of Winter“. Die Autorin war absolut überrascht und fand kaum Worte. Sie bedankte sich unter Tränen bei ihrem Verlag und allen Helfern, die das Buch haben wahr werden lassen und vor allem bei ihren Eltern. Das war so ergreifend, dass auch ich feuchte Augen bekam – ein toller Moment!

Dann fehlte nur noch eine Kategorie – das Beste Debüt. Vorjahres-Gewinnerin Lucia Herbst hielt hier nunmehr die Laudatio. Sie zitierte aus dem Gewinnerwerk und stellte sich die Frage, wie lang es wohl dauern wird, bis der Mensch auch den letzten Winkel der Welt erreicht und zerstört hat. Das Gewinnerwerkt soll von Vorurteilen befreien und ihrer Rede verriet Lucia wohl aus Versehen schon mittendrin, dass Florian Schäfer und Elif Siebenpfeiffer mit „Fast verschwundene Fabelwesen – Die sagenhafte Expedition des Konstantin O. Boldt“ gewonnen hatten, weil das Werk einfach nur wunderbar und so derart phantastisch war. Florian und Elif waren ebenfalls sehr berührt von ihrem Gewinn und waren fast sprachlos. Sie wünschten allen Lesern, dass sie in die Geschichte ihres Gemeinschaftswerkes eintauchen können und bedankten sich bei der Phantastischen Akademie e.V.

Zuletzt verabschiedeten sich Oliver und Natalja noch bei dem Publikum und luden alle zur abendlichen Langen Nacht der Phantastik im Anker Leipzig ein, wozu sich neben allen Seraph-Gewinnern auch noch andere internationale Autoren angekündigt hatten. Und mit einem „Bleiben Sie phantastisch!“ war die Seraph-Verleihung 2024 auch schon wieder Geschichte.


Damit war der Messe-Freitag auch schon so gut wie vorbei. Ich verabschiedete mich noch ausgiebig von allen liebgewonnenen Menschen und wuselte noch einmal durch den Bereich der Fantasy-Verlage, um zu schauen, ob ich nicht doch noch ein Buch mit ins heimische Regal nehmen möchte – wozu sonst ist eine Buchmesse gut. Doch dann musste ich mich doch losreißen, denn ich wollte auf eine der zahlreichen abendlichen Lesungen in der Stadt pilgern. Also nahm ich Abschied von der LBM und der MCC 2024 und freue mich schon jetzt auf die Ausgabe im nächsten Jahr – diese öffnet vom 27.-30.03.2025 ihre Pforten und ich bin mir ganz sicher, dass wir uns dort auf jeden Fall wiedertreffen werden. Bis dahin!


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Autor: Trixi


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