Ein phantastischer (Lese)Abend 2024 - 22.03.2024 - Pappnoptikum Leipzig

Nachdem ich die Leipziger Buchmesse nach zwei vollgepackten Tagen hinter mir gelassen hatte – den Bericht dazu findet ihr auch hier auf unserer Homepage – düste ich am Abend des 22.03.2024 durch Leipzig, um dann schlussendlich am Pappnoptikum/Mytholon Leipzig anzukommen, wo die Verlage Lysandra Books und Edition Roter Drache zu einem weiteren spannenden phantastischen (Lese)Abend geladen hatten. Wieder einmal versprachen die angekündigten Autoren eine kurzweilige und wunderbar abwechslungsreiche Zeit und genau so kam es auch – aber dazu gleich mehr. In diesem Jahr waren Christian Krumm, Anja Bagus, Jonas Heinzel und Anne Schröer mit von der Partie und ich mittendrin.


Vor Ort angekommen war es noch etwas ruhiger, noch waren nicht alle Autoren angekommen, denn auch sie haben den ganzen Tag in den Messehallen der LBM rumgewuselt und waren nun auf dem Weg zu dieser Lesung. Ich begrüßte derweil anwesende Freunde und entspannte mich vom Messetrubel. Dann war es bald gut gefüllt und fast alle vorhandenen Sitzplätze vor dem Pappnoptikum waren belegt.

Moderatorin Maxi – selbsternannte „Leibeigene“ des Edition Roter Drache - begrüßte uns in dieser familiären Atmosphäre und verkündete, dass es gleich losgehen würde. Den Anfang an diesem Lese-Abend machte dann die Essener Autorin Anja Bagus, die ich schon seit Jahren sehr schätze und liebe. Sie nahm dafür in dem bequemen Vorlesesessel Platz. Anja hatte gute Laune und erzählte drauf los. Dabei spoilerte sie direkt, dass sie an einem dritten Teil ihrer „Zeitarbeiterin“-Reihe arbeitet – oh ja, bitte! Dann nahm sie aber ihr aktuelles Werk „Wie man eine Hexe wird oder ein Hexer“, das sie uns nun vorstellen wollte. In dem Buch geht es um zwei Kids, die zu weise für ihr Alter sind. Sie las uns zur Einführung direkt das erste Kapitel „Januar“ vor – das Werk ist nämlich in zwölf Kapitel gemäß den Monaten des Jahres aufgeteilt. Isa und Finn sind seit Kindesbeinen beste Freunde. Sie treffen sich am 1. Mittwoch des neuen Jahres und berichten einander von ihrem Weihnachtsurlaub und ihren Geschenken. Er hat eine Botanisiertrommel bekommen, denn er interessiert sich für alle Pflanzen. Isa schlug dann eine Challenge vor, die sie beide doch machen könnten – Hexen oder Hexer werden. Sie wollten dafür Taten in einem Logbuch oder Almanach dokumentieren, die sie im Rahmen der Challenge durchgezogen hatten – wie Tiere „verstehen“, Pflanzen sammeln, Rezept versuchen oder etwas Naturverbundenes basteln – z.B. einen Erinnerungsstein. Sinn des Ganzen war, ihre Umgebung zu erforschen. Das war auch Anjas großes Ansinnen – „ich möchte, dass Kinder raus gehen“ und bewusst die Umwelt wahrnehmen und entdecken. Sie selbst macht das auch, indem sie sich mit Makrofotografie in der Natur beschäftigt auf ihren täglichen Spaziergängen mit den Hunden. Dann kamen wir noch in den Genuss von Kapitel „März“, wo Finn und Isa den Hexenmittwoch an einem Teich verbrachten. Er hat dort Wasserkresse gefunden, die sie später zu einem Salat verarbeiten wollten. Und dann sammeln sie noch Steine, die dann später zu einem Untersetzer wurden. Diesen Basteltipp und noch einige mehr hat die Autorin sogar selbst versucht und als Video bei Youtube online gestellt – ein QR-Code im Buch führt die Leser direkt dorthin. Das Ergebnis zeigte sie hier stolz herum. Es gibt im Buch sogar noch ein kleines Heftchen mit Tipps und Anleitungen. Ein absolut entzückendes Gesamt-Hexenwerd-Paket. Ihr fröhliches Gemüt und tolle Art vorzulesen begeisterte nicht nur mich. Dieses Mitmachbuch erhielt an diesem Abend in Leipzig viel Beifall und nicht wenige mussten es im Anschluss direkt kaufen, um es selbst oder mit den Kids daheim auszuprobieren. Die Illustrationen des Ganzen stammen im Übrigen von Anjas talentierter Tochter Eva Bagus.


Nach einer kurzen Pause ging es dann mit etwas anderem weiter. Anne Schröer hatte ihren Roman „Die Träumerin: Gezeichnete der Nacht“ in petto. Dieser Dark Fantasy Roman brachte uns Zuhörer in eine ganze andere Welt, in der Marlin in der Silberstadt lebte. Seit dem „großen Fall vor 20 Jahren“ war die Stadt scheinbar dem Untergang geweiht. Niemand durfte über die Vergangenheit vor dem Fall reden. Marlin arbeitet in einem Hospital als Pflegerin und niemand sprach auch mehr wirklich von einem der Doktoren des Hauses, der einst versucht hatte, die Stadt zu verlassen – das war nämlich auch verboten und sehr gefährlich. Anne las uns eine Stelle aus dem Buch vor, als Marlin in einer Nacht einen Patienten betreut, der wieder sehr stark zu bluten beginnt, was ungewöhnlich ist, da er ja eigentlich schon behandelt wurde. Er greift nach Marlin und spricht von „Dunkelheit“ und „sie sind überall“. Sie kann seine Blutung nicht stoppen und so verstirbt der Patient vor ihren Augen. Seine Wunden waren absolut ungewöhnlich und niemand weiß, was so etwas hervorrufen könnte. Marlin war sehr ratlos, was da passiert sein konnte und was meinte der Patient mit seinen Worten? In der Dunkelheit rauszugehen war doch verboten bzw. sollte sich niemand mehr im Freien aufhalten, wenn er oder sie überleben mochte. Es war einfach lebensgefährlich, denn des Nachts waren Bestien auf den Straßen unterwegs. Doch eines Abends verspätet sie sich und wird von einer der Bestien verfolgt und schließlich angegriffen. Anne stoppte im spannendsten Moment – das war schon gemein. Aber auch irgendwie clever gemacht, denn wer nun wissen wollte, wie es an dieser Stelle weiterging, musste sich wohl oder übel das Buch kaufen – was auch hier einige im Anschluss taten. Und weil es gerade so spannend war, produzierte die Autorin mit einem weiteren kurzen Auszug aus ihrem Werk einen weiteren Cliffhanger. Dann ließ sie uns so gespannt zurück, denn ihre Lesezeit war leider schon vorbei. Ihr Vortrag war echt spannend und mystisch und sie hat es toll vorgelesen. Ich mag ja Autoren, die gut vortragen können – das schaffen leider nicht alle. Aber hier war alles fein und wir hätten noch länger zuhören können.


Wieder wurde eine kurze Pause gemacht und dann setzte sich Christian Krumm in den Lesesessel und griff nach seinem neuesten Schaffenswerk – „Im Wald der Psychosen“. Der Autor hat einst als Pfleger in einer Psychiatrie gearbeitet und hat hier einige seiner Erfahrungen dort verarbeitet. Das Buch hat er auf seinem Balkon geschrieben – wie eigentlich all seine Werke. Deswegen war nun dieses Stück in Jahreszeiten unterteilt. In den Kurzgeschichten geht es um Stimmen, die Menschen im Kopf haben. Auch er begann seinen Vortrag damit, den Beginn des Buches vorzulesen – „Frühling“. „Warst du schon jemals jemand anderes?“ war die einleitende Frage des Textes. Eine neue Stimme spricht mit dem Leser. Sie sei anders, denn die alte war „eher konservativ“ und machte immer nur alles runter mit Sprüchen wie „stell dich nicht so an“ und dergleichen. Diese alte schwieg nun aber und die neue Stimme bekam ihre Chance. Sie verkündete „Frühling ist die Zeit der Konfrontation“. Sie führte sozusagen in das Buch – in den „Wald der Psychosen“ - ein und stellte Fragen, die zum Nachdenken anregen sollte – „ist eure Umgebung real?“ – und war immer wieder Teil der Rahmenhandlung zwischen all den kurzen Stories. Ganze 24 Geschichten haben es in das neue Werk von Christian geschafft und immer gab es Stimmen, die in den Köpfen der Menschen eine Rolle spielten.

Hier wurde dann seine Lesung unterbrochen, denn Veranstalterin Nadine vom Verlag Lysandra Books hatte für alle Anwesenden Pizza bestellt und so wurde erst einmal genossen. Um das alles zu stemmen, ging ein „Hut“ rum, wo jeder eine Spende hinterlassen konnte. Das Geld wurde dann für die Verpflegung und den Techniker Gandalf, der sich um Licht und Sound kümmerte, benutzt. Die Pizza war lecker und so gestärkt ging es dann doch weiter mit Christians Lesung.

Er hatte die Geschichte „Der letzte Baum“ ausgewählt. Hier trafen wir auf einen Menschen, der in einer Ruhekapsel lag und am „Tag des Wunschbaums“ aufwachte. Dies war der letzte echte Baum in der Welt, in der er lebte. Diesen hatte er noch nie live gesehen, doch heute sollte das endlich passieren, denn er hatte in einem Preisausschreiben gewonnen und durfte zur Zeremonie am Wunschbaum. Diese beschriebene Welt war sonderbar. Es gab kaum mehr echtes Essen – eher nur noch Pillen dafür. Echtes Essen war etwas ganz Besonderes und auch Wasser war knapp – jeder Mensch bekam nur 2 Liter Wasser am Tag und durfte auch nur sechs Stunden am Tag wach sein, um Ressourcen zu sparen – wie etwa auch Sauerstoff. Langeweile war nicht geduldet, denn es gab die Initiative „Pro Aktiv“. Am Tag des Wunschbaums durfte jeder, der an der Zeremonie teilnehmen durfte, einen Zettel mit einem Wunsch an dem Baum ablegen. Sein Wunsch war es, seinen besten Freund wiederzutreffen und sich auszusöhnen. Als er dann endlich den Wunschbaum sehen konnte, stellt er fest, dass auch dieser Baum kaputt und elend aussah, was ihn sehr traurig machte. Doch plötzlich stand sein Freund neben ihm und ihrer beider Wunsch – sich endlich wieder in die Arme schließen zu können – ging in Erfüllung. Das war schon irgendwie besonders. Christian freute sich über den Applaus am Ende und zog sich glücklich zurück. Selbstverständlich durfte er im Anschluss noch einige Buchwidmungen schreiben, was ihn noch zufriedener lächeln ließ.


Als letzter im Bunde war schließlich auch noch Jonas Heinzel angekommen, der nun für seine kleine Lesung aufbaute. Er mochte nämlich nicht im Sessel sitzend vortragen. Als Musiker war er es gewohnt, im Stehen zu performen und so stellte er sich einen Notenständer als Buchpult auf. Moderatorin Maxi versprach uns ein „Bonbon für die Ohren“ und los ging es. Mit seinem neuen Buch „Bestien der Nacht“ entführte er uns in die alte Handelsstadt Tresa ins Jahr 1881. Es war Winter und sehr kalt. Wir trafen auf eine Frau, die um ihr Leben rannte. Auf ihrer Flucht lief sie durch enge, dunkle Gassen und musste sich von einem Rohr, an dem ihre Hand festfror, losreißen. Sie rennt weiter, wird immer noch verfolgt und rettet sich in eine Quergasse im Licht. Sie ist eine Dirne, die es sowieso nicht leicht hat im Leben. Dann stellt die Bestie sie dennoch, als die junge Frau auf eine Frauenleiche stößt. Die Klauen des Verfolgers bringen schließlich auch sie zur Strecke. Jonas verkündete mit einem Augenzwinkern, dass das Ganze auf jeden Fall ein „lebensbejahendes Kinderbuch“ sei – na ganz bestimmt nicht. Dieser phantastische Kriminalroman enthielt nicht nur die zwei toten Frauen, die wir nun schon kennengelernt hatten, sondern noch einige mehr. Dazu ermittelte dann die Hauptfigur des Buches – Heinrich Cordier, ein Werwolf, suchte auf eigene Faust nach dem Mörder. Seine Instinkte als Werwolf halfen ihm dabei, denn er bemerkte manche Dinge einfach früher als seine menschlichen Kollegen. Das machte aus ihm eine Besonderheit, die es aber nicht immer einfach hatte. In einer weiteren Szene, die der Autor für uns vorbereitet hatte, traf Heinrich auf den Upir Bela – Upire sind auch Vampire, aber eine spezielle Art davon - und wir erfuhren etwas über den menschlichen Teil von Heinrichs Leben. Später in der Szene fand er eine weitere tote, schrecklich zugerichtete Frau und rätselte, ob hier Bestien oder Vampire damit zu tun haben könnten. Jonas Art zu lesen war absolut faszinierend und auch ihm hätten wir am liebsten noch ganz lange zuhören mögen. Und auch wenn er eigentlich „gerade erst begonnen“ hatte, war die Zeit um und der Lese-Abend schon wieder vorbei.


Mit einem Dank an alle Autoren und die Orga verabschiedete Maxi alle. Vielen Dank an dieser Stelle auch von mir an Nadine und Holger, die diesen Abend organisiert hatten. Das war wirklich wunderschön – eigentlich wie immer. Allen vier Autoren auch ein Dank für ihre tollen Werke, die hier vorgestellt wurden. Ich hab natürlich das ein oder andere auch mitgenommen, um es ins heimische Regal zu stellen bzw. auf den To-Read-Stapel zu legen. Ich freue mich schon auf eine Wiederholung und es war wirklich schön, diesen Abend mit Freunden erleben zu können. Nach einer umarmungsreichen Verabschiedung machte ich mich dann auf den Heimweg – bis zum nächsten Mal.


Autor: Trixi


Galerie des Abends