Festivalbericht - NCN 2024 - Freitag

Die 17. Nocturnal Culture Night lud vom 06.-08.09.2024 wieder einmal in den Kulturpark Deutzen ein und wir waren für euch mit am Start. Es war heiß – und das nicht nur wegen all der tollen Künstler und Musiker, die vor Ort auf den fünf Bühnen standen. Die Sonne brannte vom Himmel und ließ uns zusätzlich schwitzen.

Am ersten Tag kamen wir pünktlich zum Einlass an und begrüßten schon die ersten Freunde. Dann schlenderten wir kurz übers Gelände, um dann an der Waldbühne mit T.A.N.K. ins Festivalwochenende zu starten. Moderatorin Anne begrüßte uns freudig: „Schön, euch alle wiederzusehen." Und dann ging es mit lautem Bass los. Das EBM-1-Mann-Projekt aus Dessau, das eigentlich „taktischer Angriff aufs Nervenkostüm“ heißt, wie Anne noch verriet, wurde von einigen Fans schon sehnlichst erwartet. Nach und nach kamen immer mehr Zuschauer vor die Bühne, um in der Sonne mit dem Musiker um die Wette zu stompen – zwei Schritte vor und zwei zurück. Der Rhythmus der elektronischen Klänge wurde allmählich immer schneller und so kam immer mehr Bewegung in die Zuschauermenge. Der Gast-Keyboarder schaute immer ganz konzentriert auf seine Tasten, während der Tankman sich am vorderen Bühnenrand vollkommen verausgabte – mal kniend, mal tanzend und dann sprang er zu den eigenen Beats auf und ab. Seine Stimme war leicht verzerrt und so waren die Texte zum Teil schwierig zu verstehen – auch weil der Sänger mehr brüllte als sang. Aber all das gehört eben zum EBM dazu und so gefiel es den anwesenden Fans auch. Der Beifall sprach zumindest eine positive Sprache und die Musiker freuten sich darüber.


Dann ging es für uns los im Bühnen-Hopping – die nächste Station war die Amphibühne, wo die Golden Apes auf dem Plan standen. Moderatorin Manya begrüßte die Anwesenden hier und fand es „oberfetze cool“, dass es endlich wieder losging. Sie bat uns auch, dass wir immer genug „Wasser trinken“ sollten – ein guter und wichtiger Hinweis, denn die Sonne war wirklich erbarmungslos. Die Band kam schließlich nach vorn und wurde mit Jubel empfangen. Die tiefe Stimme von Frontmann Peer kam gut an. Im Hintergrund waren Videos auf einer Leinwand zu sehen, während im Vordergrund die Musiker mit „Hole (in my head)“ alles gaben. „Wunderschönen Nachmittag und vielen Dank fürs hier sein“, so die Begrüßung durch die Band. Weiter ging es mit „From the sky“. Peer war sehr entspannt und rauchte beim Singen eine Zigarette nach der anderen. Drummer Salomon hatte es gut, denn er saß im Schatten, während seine Kollegen in der Sonne spielen mussten. Dennoch waren die Gitarrenkünste von Christian, Gerrit und Frank sehr beeindruckend. Dann kam noch ein zweiter Drummer hinzu – so wurde der Gesamtsound noch intensiver. Der Nebel, der ab und zu über die Stage waberte, verflog immer recht schnell, machte aber die Stimmung insgesamt etwas mystischer, was zu den düsteren Klängen der Band passte.


Die Waldbühne hatte hiernach Ellereve im Angebot. Die Künstlerin, die ihre Liveband mitgebracht hatte, bietet eine Mischung aus Gothic Metal und Dark Pop – getragen von ihrer wunderschönen Stimme. Diese „eigene Klangwelt“ war „sehr abwechslungsreich“, so Anne, und genau das bewies die Sängerin dann auch an diesem Tag. Sehr abgefahrene Gitarrensounds, unterstützt von Drum, Keyboard und Bass, beeindruckten von Anfang an. „Wir freuen uns sehr, hier sein zu können“, so die Frontfrau. Sie hatte einen Mix aus älteren und neuen Songs im Gepäck. Diese waren allesamt eher ruhiger und wunderschön – das war ideal zum Runterkommen und Träumen. Sie sang dabei mit viel Gefühl und sah in ihrem Outfit wirklich toll aus. Vor der Bühne wurde es immer voller – immer mehr wollten dieser gelungenen Performance lauschen. Die Texte waren eher melancholisch angelegt und dann kam etwas „bisschen traurigeres – also noch trauriger…“. Mit diesem Lacher legte sie wieder los und sprang beim Singen auf der Stage herum. Ihre Gitarristen und der Drummer gaben wirklich alles und der Spaß war ihnen anzusehen. Uns hat das echt gut gefallen und wir freuten uns, diese Künstlerin hier für uns neu entdeckt zu haben.


Dann ging es für uns weiter zur Kulturbühne. Es spielte zu diesem Zeitpunkt keine Band parallel, da INTENT:OUTTAKE kurzfristig krankheitsbedingt abgesagt hatten. Das schwedische Dark Ambient-Industrial-Duo Trepaneringsritualen kam mit Maske, die wie aus Kartoffelsäcken geschneidert aussahen, auf die kleine Bühne und Frontmann Thomas Martin trug noch eine Henkersschlinge um den Hals. Im Hintergrund waren verschiedene Videos auf einer Leinwand zu sehen. Rechts war eine Art kleiner Altar aufgebaut wo Kerzen sowie Räucherstäbchen brannten. Drummer Peter Johan haute auf seine Trommeln ein und sein Kollege röhrte die Texte heraus. Er brüllte so sehr, dass hier wieder die Textzeilen sehr unverständlich waren. Die Beats waren aber super und veranlassten die Zuschauer, sich zu den Rhythmen mitzubewegen. Insgesamt war das Ganze aber nicht so unser Ding – der fette Bass war ok, aber der Rest war etwas verstörend.


Als nächstes machten wir Station an der Parkbühne, denn hier waren TÜSN an der Reihe. Manya kündigte den Gig als „sagenhaft dramatische Popmusik“ an – wir waren gespannt. Frontmann Stefan kam im Kimono, mit Basecap auf dem Kopf und Badehose nach vorn und nahm an seinem Keyboard Aufstellung. Drummer Tomas war kaum zu sehen, weil sein Schlagzeug so weit hinten auf der Bühne im Schatten stand. Dafür gesellte sich Bassist Daniel mit dazu an den vorderen Bühnenrand, wo er gut abgroovte. Das Sonnenlicht fiel von rechts durch die Bäume ein, was echt toll aussah. Stefan spielte viel mit seiner Stimme – mal hoch und dann gleich wieder tief – nicht wenige Zuschauer beeindruckte dies wirklich. Dabei sang er mit viel Inbrunst und geschlossenen Augen – er war ganz in seiner Performance versunken – toll. Auch Tomas sang mit und diese Mehrstimmigkeit war das i-Tüpfelchen auf dem Soundteppich der Band. Songs wie „Liebe?“, „Am Ende bleibt dir nichts“ oder auch „Schuld“ kamen gut an und so wurde auf und vor der Stage ausgelassen getanzt. Die Krone, für die der TÜSN-Frontmann bekannt war, kam etwas später dann doch noch zum Einsatz auf seinem Kopf – schick, aber ein harter Kontrast zum restlichen Outfit. Das machte aber nichts, denn schließlich ging es hier ja um die Musik und die war toll.


Neben den musikalischen Bühnen, war auch wieder die kleine Lesebühne mit dabei und wir kamen dann zum ersten Einsatz von Christian von Aster etwas zu spät. Die Geschichte über die „Operation Schwarzer Kaffee“ hatte schon begonnen – wir bekamen gerade noch mit, dass es um eine Gruppe Grufties ging, die eine Rentner-Kaffee-Fahrt kaperten, indem sie die Verkaufsveranstaltung aufmischten, das Verkaufsmaterial in einem „Flammenfernal“ verbrannten und am Ende alle Teilnehmer der Kaffeefahrt in Leichenwagen nach Hause fuhren – lebend, als Taxi-Variante. Da war absolut witzig und die Wortschöpfungen des Leipziger Autors waren wie immer absolut köstlich. Die einstündige Lesung war in mehrere kleine Teile aufgeteilt – Christian stellte kleine Dinge vor, die er verkaufte oder auch nicht, wie das Troll-Lesezeichen. Literarische waren mehrere „Ode an dich“ Bestandteil der Performance – allesamt amüsant. „Mein Leben ist ein Schönes“, so die Aussage des Künstlers zufrieden über seine aktuelle Situation als Schreiberling. Der Text „Generalprobe“, den er für die Zeitschrift „drunter und drüber“ geschrieben hatte, kam beim Publikum gut an. Darin ging es um einen Mann, der eine Einladung zu einer Beerdigung eines alten Freundes bekommen hatte – so schien es auf den ersten Blick. Das Ganze war dann aber eher eben eine „Generalprobe“, denn der Freund lebte noch und wollte mit allen Freunden noch im Leben feiern und an die alten Zeiten erinnern – tolle Idee! „Ich mag Grufties, weil ihr mich spielen lasst“, so Christian hiernach über den lauten Beifall. Mit einem Text über Lukas, die launische Brieftaube, die eine Hochzeit aufmischte, ging es dann aber auch schon dem Ende zu. Wie immer war das ein Highlight und wir hätten gern noch ewig zugehört. Danke Christian!


Die Kulturbühne rief uns aber schon wieder, denn nun standen Ah Cama-Sotz auf den Plan. Der belgische Musiker und DJ Herman hatte an seinem Technik-Tisch Stellung bezogen, während er von hinten mit rotem Licht angestrahlt wurde. Dieses mischte sich dann mit blauen Lichtstrahlen und viel Nebel, der den Künstler einhüllte. Harte Bässe und ordentliche Beats dröhnten dann aus den Boxen und ließen die Zuschauer sich bewegen. Auch Herman selbst ging gut mit ab. Dieser Klangteppich war Industrial, wie er sein sollte – wild, hart, laut und mit irren Geräuschen und Samples gespickt. Der Menge gefiel das Ganze sichtlich, denn immer wieder wurde zwischen den Tracks laut gejubelt. Der Musiker drehte an kleinen Knöpfen und schob Regler hin und her, um die Musik noch abwechslungsreicher zu gestalten – mehr passierte auf der Bühne nicht. Somit war hier eher nur zuhören und abtanzen angesagt. Reicht doch auch.


Im Anschluss pilgerten wir wieder zur Waldbühne, denn nun war es Zeit für Welle:Erdball, die wir lang nicht live erlebt hatten. Es war schon sehr voll und auf der Stage waren ganz viele Schaufensterpuppen zu sehen, die Maschinenpistolen in den Händen hielten. Moderatorin Anne verriet, dass die Band nun schon „30 Jahre“ zusammen auf den Bühnen unterwegs sei und lud uns dann zu einer „Zeitreise“ ein. Dann kamen die vier nach vorn – M.A. Peel und Lady Lila trugen hübsche weiße Kleider, während A.L.F. und Honey gewohnt schick im Anzug auftraten. Im Hintergrund war das Video wegen all der Puppen kaum zu erkennen, aber es gab auch so genug zu sehen. Die Damen droschen zu „Der Kalte Krieg“ auf E-Drums ein, während Honey, von unten angeleuchtet, sang. Seine Stimme war hier beim Refrain stark verzerrt. Seinen Texthänger überspielte er mit einem Lacher – ja, so etwas kann auch mal passieren. Die Mädels griffen sich dann große Flaggen, die zu „Hoch die Fahnen“ geschwungen wurden. Beim Track „Vor all den Jahren“, wo die Damen toll sangen, wurde dann aber auf einmal alles still und dunkel – auf dem Platz der Bühne war alles dunkel, denn der Strom war weg. Zum Glück blieben alle ruhig und so konnte es dann nach kurzer Zeit wieder weitergehen – die Techniker haben hier schnell Abhilfe geschaffen – ein Lob dafür. So konnte es dann weitergehen im Set mit Songs wie „Wo kommen all die Geister her“, „Die Neue Welt“ oder auch „23“, der „komplett aus einem Commodore 64“ kam. Die Lichtstimmung war hier immer mal wieder eine andere und sah aber immer schick aus. Ein besonderer Hingucker war das Lied „1000 Engel“, als Lady Lila mit großen aufblasbaren Flügeln in der Mitte der Bühne stand und sang. Es gab hier Hits über Hits auf die Ohren und als dann auch noch „Deine Augen“ erklang, war dann auch der letzte Fans sehr glücklich und zufrieden. Der Beifall sagte auf jeden Fall, dass es allen gefallen hatte. Die kleinen technischen Probleme machten hier gar nichts und die Stimmung hätte nicht besser sein können. Sie können es eben – und das schon seit 30 Jahren.


Auf dem Weg zur Amphibühne kamen wir an der Mitternachtshüpfburg vorbei, die schon im Vorjahr mit von der Partie war. Das Ganze ist eine komplett schwarze Hüpfburg, die nach einer Geschichte von Christian von Aster entstanden war. Auch in diesem Jahr war hier einiges los und nicht wenige Konzertbesucher nutzten die Möglichkeit, hier einige Minuten wieder Kind sein zu können, indem sie in der Hüpfburg umhersprangen. Ein toller Anblick!


Dann war es Zeit für den Headliner des ersten Festivaltages. Vor der Amphibühne war es voll ohne Ende und alle warteten auf das Kommende. Veranstalter Holger kündigte die Band mit den Worten „traumhaft“ und „ich bin total happy“ an. Und dann kamen Maurizio und Boris von Klangstabil endlich nach vorn und die Menge tobte los. Maurizio stellte sich am Techniktisch auf und Boris griff zum Mikrofon. Hinter den beiden waren immer mal Textzeilen der Lieder, zum Mitsingen aus der Menge, oder eben Videosequenzen zu sehen. Boris lief barfuß über die Bühne und wirkte sehr aufgeregt. Dann ließ er sich in die Musik fallen und tanzte mit den Fans um die Wette. Den Text sang und brüllte er dabei nur so raus, während er ausgelassen gestikulierte. Direkt als 2. Stück erklang „Pay with friendship“ und die Menge explodierte – das konnte gar nicht besser laufen. Die erste Reihe sang mit und alle feierten hier ab, während auf der Stage Strobolicht flackerte. Dann kam Maurizio nach vorn und übernahm das Mikrofon – „Mamma mia“, so sein Kommentar zu dieser Partystimmung. Mit „Perdere per vincere“ gab er seine Gesangskünste zum Besten, dabei hatte er die Augen geschlossen und sang mit viel Gefühl. Das Licht war hier in Rot und Weiß gehalten. Weiter ging es dann wieder mit Boris und „Math & Emotion“. Die Arme im Publikum waren oben und alle hatten ihren Spaß. Der Sänger schüttete sich Wasser über den Kopf und verausgabte sich sichtlich. Am Ende von „Push yourself“ war er so fertig, dass er das Mikrofon auf den Boden warf und wild tanzte. Er berichtete hiernach von „Menschen, die normalerweise hier wären“. Die Rede war von Freunden, die nicht mehr da waren. Boris nannte hier zwei konkret, die „beide letztes Jahr verstarben“ und brach in Tränen aus. „Sie sind hier“ – das war sehr emotional. Dann fing er sich wieder und ließ „Schattentanz“ erklingen. Das war der absolute Höhepunkt – alle sangen mit und tanzten nur noch. Weitere Schmankerl waren dann noch „Lauf, lauf!“, „You may start“ oder „Vertraut“, das als kleine Zugabe noch erklingen durfte. Die Band war sehr glücklich – „ihr macht es einem leicht“. Mit einem Dank an den Veranstalter und die Zuschauer verkündeten sie noch, dass sie im kommenden Jahr beim Planer Myer Day dabei sein werden. Es war uns ein absolutes Fest und wirklich jeder war froh, das Klangstabil endlich mal wieder live mitzuerleben waren. Großes Kino!


Dann blieb nur noch das Mitternachts-Special übrig und hierfür waren Matte Blvck aus San Diego angereist. Viel Nebel hüllte die kleine Parkbühne ein, so dass das Trio oftmals nicht zu sehen war. „How you doing NCN? We are blast to be here with you.” Alle drei Herren standen an kleinen technischen Geräten oder E-Drums, hatten aber auch E-Gitarren mit dabei. Dieser Mix aus den Synth-Sounds und der Gitarre kam gut an. Sie rockten ab, verausgabten sich und die Zuschauer ließen sich von der guten Laune anstecken – schnell kam Bewegung auf vor der Bühne. Es gab instrumentale Stücke und auch Lieder mit schickem Gesang, der mit viel Emotion in der Stimme ein Trommelfellschmeichler war. Wir bereuten es auf keinen Fall, noch so lang wach geblieben zu sein, denn der Sound der Amerikaner war überraschend und wirklich hörenswert. Den Namen Matte Blvck sollten wir uns also auf jeden Fall merken.


Wir waren dann aber nach diesem aufregenden ersten Tag schon ziemlich müde und deswegen düsten wir schnell heim, um im heimischen Bett Kraft für Tag 2 und 3 zu tanken. Diese Hitze hat aber auch geschlaucht.

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Autor: Trixi


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