Nachgelesen - "Basement Tales Vol. 4 - Der schwarze Hai"

Der Verlag The Dandy Is Dead hat auch mit dem vierten Teil der Basement Tales eine großartige kleine Sammlung von sechs Kurzgeschichten vorgelegt, die ihresgleichen sucht. Für vier der sechs Texte sind auch wieder wunderbar gestaltete Poster dabei, die die Wände der Leser toll schmücken können. Das Hauptthema dieses Heftchens sind, wie der Titel es schon sagt, ein schwarzer Hai oder andere gefährliche Tiere, die auf zum Teil sehr spookige Art und Weise Grauen und Verderben bringen. Die Autoren haben sich da echt ausgetobt:

Der erste im Bunde ist Carsten Steenbergen. Ihr kennt doch sicher die Veranstaltungen, die im Alten Rom unter dem Begriff „Brot und Spiele“ liefen und einige von euch kennen sicher auch die „Hunger Games“ aus den Romanen von Suzanne Collins. Carsten hat nun seine Variante solcher Events in der Geschichte „Ein Floß weiter“ vorgestellt. Wir lernen Kona kennen, die für ihre kranke Tochter eine teure Behandlung bezahlen muss, es aber finanziell nicht ganz stemmen kann. Deswegen wurde ihr Mann Dev vor einigen Tagen abgeholt, um bei einem Event teilzunehmen, in dem sich der „Proband“ durch große Wasserbecken kämpfen musste, um Credits zu erhalten. Je weiter derjenige es schafft, umso höher die Ausbeute. Die Schwierigkeit waren hier nur die Megalodons, schwarzen Haie, Kraken und andere genetisch veränderte Monster, die die Kämpfer auf der Strecke durchs Wasser um ihr Leben zu bringen versuchten. Dieses Event war jedes Mal ein großes Spektakel in Khalibay – natürlich nur für die Zuschauer. Kona fieberte ängstlich mit und hoffte selbstverständlich, dass ihr Mann genug Geld erkämpfen würde, so dass sie als Familie eine Weile über die Runden kommen würden und die Behandlung der Tochter gesichert war. Der Autor beschreibt die Vorkommnisse sehr intensiv, es herrscht eine bedrückende Stimmung – und ob Dev es schafft – lest es am besten selbst nach.

Die nächste Story stammt von Christian Endres und hört auf den Namen „Wir alle müssen verstummen“. Und dieser Text trägt die Bezeichnung Kurzgeschichte zu Recht. Auf nur zwei Seiten zeichnet Christian die aktuelle Situation von Nathanial Sterling – ehemaliger Sänger der Band „Storm of the Undead“. Nate war einst sehr erfolgreich, doch jetzt lebt er in einer abgelegenen Gegend, die heruntergekommen, dreckig, einsam, stinkig und gruselig ist. Er ist dort ganz allein und liebt die Stille. Die Stimmen in seinem Kopf sollen endlich Ruhe geben. Nur wegen ihnen zieht er durch die verlassenen Gassen und sorgt dafür, dass wieder Stille einkehrt. Doch an diesem Tag stört ein Mann die „Idylle“ – das kann er so nicht akzeptieren. Auch er muss leise sein und wenn er das nicht will, so muss Nate ihn eben dazu zwingen, denn „Wir alle müssen verstummen“.

Nic Parker sieht in ihrem Beitrag zu den Basement Tales „Schwarz“. Mittelpunkt ist hier ein Gemälde, das lediglich aus einer schwarz bemalten Leinwand in einem stark verzierten Rahmen bestand. Dieses besondere Werke stammte aus dem Nachlass eines reichen Industriellen, der es einem Auktionshaus vermacht hat, um den Erlös aus der Versteigerung spenden zu lassen. Muriel, die Mitarbeiterin des Auktionshauses, will sich das Bild in einer Gewitternacht noch einmal genauer anschauen und dann nehmen die Dinge ihren Lauf. Wirkt das Bild plötzlich nicht mehr schwarz, sondern glatt und spiegelnd? Und dann ist es wieder wie immer. In der Analyse des Restauratoren steht, dass das Werk aus Blut besteht. Kann das denn sein? Außerdem weiß niemand, wer der Maler war. Das ist alles zu mysteriös und Muriel wird es immer unwohler. Plötzlich taucht auch noch Lord Stephen Henry Ichabod Trevelyan an, der sich dieses Bild unbedingt unter den Nagel reißen möchte. Wie kam er in der Nacht in die abgeschlossenen Räumlichkeiten? Und dann schmierte er auch noch sein Blut auf die Leinwand – hatte dieser Typ vollkommen den Verstand verloren? All das löste noch mehr Unannehmlichkeiten aus. Welche? Das möchte ich lieber nicht verraten… Ich sag nur so viel – es fließt immer mehr Blut.

Die folgende Geschichte ist mein persönliches Highlight in diesem Teil der Basement Tales. „Der Schwarze Hai“ vom wundervollen Axel Hildebrand. Hierin geht es um Birthe oder Prinzessin Birthe, wie sie sich selbst in ihren Träumen sieht. Immer wieder befragt sie den Schwarzen Hai nach der absoluten Wahrheit und immer sagt der Hai: „Du bist hässlich. Von innen und von außen.“ Birthe weiß um diese Wahrheit und lebte bisher damit. Doch dann stirbt sie – oder beinahe, denn der Notarzt Torsten rettet sie, als sie sich das Leben nehmen will. Und das nicht nur in ihrem Traum. Er sieht auch noch später nach ihr, denn er machte sich Sorgen um die unscheinbare Frau. Nie hätte er einen einsameren Menschen gesehen. Das rührt dann doch etwas in Birthe und sie verabredet sich mit ihm, als sie aus der Klinik entlassen wird. Es läuft ganz gut und die junge Frau blüht immer mehr auf.Und Birthe träumt nicht mehr von ihrem alten Bekannten – dem Hai. Torsten macht ihr sogar einen Heiratsantrag. Er liebt sie wirklich und gesteht ihr, dass er ohne sie nicht mehr leben kann. Liebt sie ihn denn genauso? Wird es eine Hochzeit in Weiß geben oder kommt der schwarze Hai zurück? Ich spoilere mal nicht, aber ich muss zugeben, dass ich am Ende von Axels Geschichte das Heftchen erstmal von mir weg geworfen habe – NEIN, das hat er jetzt nicht getan? Wie kann ein Autor nur so fiese Gedanken haben?! Krass…

Und fies geht es weiter mit Isa Theobald und „Checkpoint Dellengarten“. Die Story ist in drei Teile aufgeteilt – Prä-, Inter- und Postludium. Und worum geht’s? Im Stiftswald ist etwas Schreckliches geschehen. Was genau es war, ist noch nicht so raus, aber Sascha und seine Freunde sind der Sache auf der Spur. Ob es wirklich die Zombieapokalypse ist, wie das Gerücht rumgeht? Es ist ja auch nicht das erste Gebiet, was abgeriegelt wird, nachdem es mysteriöse Todesfälle gab. Und um endlich Gewissheit zu haben, wollen Marie und Sascha über den Friedhof in die verbotene Zone gehen und alles aufklären. Dafür bewaffnen sie sich extra und schmieden einen Plan. Sie kennen sich ja mit Zombies aus. Und der Friedhof sei eben der beste Ort, in das Gebiet vorzudringen, denn was tot ist, ist tot und deswegen sei dort nicht mit viel Gefahr zu rechnen. Niemand wusste ja, was der Auslöser der Situation im Stiftswald war – Pilz oder Virus oder was auch immer. Und als sich der Trupp dann endlich aufmachte, wurde es schon arg spooky. Natürlich kommen sie in dem abgesperrten Gebiet an und selbstverständlich finden sie heraus, wer für all die Toten und das Grauen verantwortlich ist – es sind aber keine Zombies. Wer oder was hier dafür sorgte, dass von den Verstorbenen nur noch Knochen oder weniger übrig blieben – tja, da kommt ihr NIE drauf. Wie Isa darauf gekommen sein mag, mag ich nur vermuten, aber es ist ABSOLUT KRANK!!! Am Ende verkündet der „Piratensender Schwarzer Hai“ dass sich die Krise auch noch in andere Gebiete ausgeweitet hat. Es sei wohl einfach die „Strafe Gottes“, doch der Leser weiß genau, dass das nicht stimmt. Aber fies ist es allemal.

Den Abschluss in den düsteren Geschichten bietet schließlich David Gray mit „Die bleichen Blumen des Bösen“. In sechs Schritten begleiten wir hier den Teniente, der gerade eine Frau über eine Art Schrottplatz führt, um sie schlussendlich zu erschießen – weil dies seine Aufgabe ist. Die Frau nimmt ihre Strafe aber klaglos hin, was ihn wiederum verwundert. Warum aber musste diese Frau sterben? Es wurde ihr vorgeworfen, einen ehemaligen Oberst getötet zu haben. Sie gab es sogar zu – vergiftet hatte sie ihn mit den „bleichen Blüten des Bösen“. Lange hatte er sie verhört, versucht sie einzuschüchtern und zu erniedrigen, doch immer blieb die Frau ruhig und gelassen und ließ alles wortlos über sich ergehen, ohne eine Reaktion. Schließlich gibt sie sogar zu, dass der Oberst nicht ihr erstes Opfer war, sondern nunmehr der 12. Das war ein Schock! Der Soldat war eigentlich schon richtig abgebrüht, aber was und vor allem wie diese Frau ihm da so schilderte, ließ ihn zweifeln und sorgte für Schauder, die ihn durchfuhren. Er zögerte sogar davor, letztlich den Abzug zu drücken. Aber Befehl ist nun einmal Befehl. Lest einfach nach, was aus dem Schuss dann alles entstand… Es ist oftmals größer, als es anfangs erscheint.

Alle Geschichten decken wieder einmal einige Abgründe der menschlichen Seele auf – oder die gedanklichen Abgründe der Autoren. Mal musste ich mir echt die Haare raufen und mal blieb ich nur mit offenem Mund zurück oder aber ich dachte, dass ich so etwas nicht in meinem Leben haben wöllte. Ganz bestimmt nicht! NEIN!!! Spaß beim Lesen hatte ich aber allemal. Ihr bestimmt auch, also lasst euch auf die Basement Tales ein. Ich tauche gern in den Untergrund ab und empfehle es euch auch! Na los…

Autor: Trixi
Veröffentlichungsdatum: 15.06.2019
Verlag: The Dandy Is Dead
Format: A5 Broschüre / 64 Seiten
ISBN: 978-3947652082


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