Interview Irdorath - WGT 2024

Zu Pfingsten hatten wir die Möglichkeit, die belarussische Band Irdorath zu einem Gespräch zu treffen. Wie ihr euch vielleicht erinnert, waren die beiden Bandgründer Vova und Nadja sowie andere Bandmitglieder in ihrer Heimat aus politischen Gründen für zwei Jahre inhaftiert und kamen im April 2023 wieder frei. Danach begann eine stressige Zeit, denn Vova und Nadja konnten im Sommer 2023 endlich nach Deutschland ausreisen und hier Fuß fassen. Seitdem ist viel passiert und nun wollte Billie es genauer wissen.

Wir trafen uns im Backstage des Heidnischen Dorfs zu einer gemütlichen Runde. Irdorath hatten gerade ihren Auftritt beendet und saßen nun glücklich in einem Zelt hinter der Bühne. Die erste Frage drehte sich natürlich um den Auftritt. Vova erzählt, dass sie als Band natürlich aufgeregt waren. Ob alles klappt und ob die Besucher des Heidnischen Dorfs überhaupt kommen und zuhören würden, waren wohl die größten Sorgen. Aber glücklicherweise war der Platz vor der Hauptbühne bis auf den letzten Platz gefüllt, die Menschen begrüßten Irdorath mit viel Applaus und "ganz viel Liebe", wie Nadja ergänzt. Im September 2023 auf dem Festival-Mediaval, wo sie zusammen mit einer ihrer Kolleginnen als Gast bei Faun auftraten, sei das ähnlich gewesen. Aber so als Irdorath, als vollständige Band wieder auf einer Festivalbühne zu stehen, war eine sehr besondere und auch emotionale Erfahrung nach der Zeit im Gefängnis und dem ganzen Stress der letzten Monate. Vova sagt, dass er es schön fand, dass "die Leute sich an Irdorath erinnern", denn die Band war schon einmal in Leipzig dabei. Aber da waren sie längst noch nicht so bekannt. Außerdem war damals die Zusammensetzung der Formation eine andere.

Das war dann gleich das Stichwort für eine weitere Frage, denn nun wollten wir wissen, was sich denn seit ihrer Ankunft in Deutschland alles geändert hat. Zunächst seien Vova und Nadja nach Berlin gezogen und irgendwie lieben sie die Stadt, aber es schwingt - wie wohl bei allen Berlinern - auch immer ein bisschen Unwillen darüber mit. "You know, we love it and hate it in the same way", sagt Vova grinsend. Mit einer neuen kleinen Wohnung als Rückzugsort begannen die beiden nach neuen Musikern für ihre Band zu suchen und wurden auch recht schnell fündig. Mit dem gebürtigen Kanadier Alex (Drums), Aleksandra (Cello), die seit 2015 Mitglied von Irdorath ist und aktuell in Wien lebt, und Kevin (Gitarre) haben sie Menschen gefunden, die der Band ihren Charakter wiedergegeben haben. Die verrückt genug waren, das Ganze innerhalb weniger Monate wieder aufleben zu lassen, wie Vova sagt und lächelnd in die Runde blickt. Sie haben zusammen geprobt, sich um neue Instrumente und Equipment kümmern müssen und vieles mehr. Schließlich wurde im Mai 2024 eine 'öffentliche Generalprobe' im Kulturhaus Asendorf angesetzt, um vor der Festivalsaison einmal live zu spielen.

Ich frage nach dieser Probe und Nadja fängt sofort an zu schwärmen. Unfassbar sei es gewesen, denn was als Generalprobe und Testkonzert konzipiert war, entwickelte sich bereits im Vorverkauf zu einer Art "Familientreffen". Es kamen Leute über Hunderte Kilometer in den Norden Deutschlands, um Irdorath live zu sehen. Der Raum war "full of love" und hatte eine großartige Energie, die sie als Band quasi aufsaugen konnten, beschreibt die Musikerin diesen Auftritt. Auch hier war wieder dieses Gefühl von 'wir wurden nicht vergessen' sehr präsent. Bei dieser Gelegenheit konnten Irdorath auch gleich neue Stücke ausprobieren, die in den letzten Monaten oder sogar in der Haft entstanden sind, wie zum Beispiel der Titel "Zorami", der allen politischen Inhaftierten weltweit gewidmet ist. Und nicht nur dieser Track kommt super beim Publikum an, wie mir die Band berichtet.

Ich frage nach den Plänen für die kommenden Monate und sofort höre ich verschiedene Termine. Vova erklärt, dass sie so viel wie möglich live auftreten wollen. Nach Pfingsten standen unter anderem das Strigarium in Italien und das Feuertanz auf Burg Abenberg an. Außerdem werden Irdorath in diesem Sommer zum Beispiel auf dem Castlefest in Lisse (NL), als Support für D'Artagnan in München und auf dem Tanzt! Festival im November mit am Start sein. Der Terminkalender fülle sich stetig, sagt Vova, und das sei auch gut so.

In diesem Moment sah die Managerin Jeany kurz ins Zelt und erinnerte die Band daran, dass es nun Zeit für den Aufbruch sei, denn Irdorath hatten zu einer Autogrammstunde in der AGRA geladen. Grund genug uns langsam zu verabschieden und noch ein paar Erinnerungsfotos zu schießen.


Aber zum Schluss richten Vova und Nadja noch einmal das Wort an mich und erklären mir, dass sie unendlich dankbar für die Unterstützung der Fans und Veranstalter sind. Diese hätten zu einem Großteil dazu beigetragen, dass die Band sich auf den Bühnen wieder wohl fühlt. Aber der allergrößte Dank der beiden geht an Peter Streng und Jeany Leinweber. Diese beiden Menschen hätten alles daran gesetzt, dass Nadja und Vova heil und sicher in Deutschland ankommen konnten und sich nun ganz auf ihre Musik konzentrieren können. Ohne die beiden, die buchstäblich ihr letztes Hemd gegeben haben, sei das alles nicht möglich gewesen, erklärt Nadja, formt mit ihren Händen ein Herz und sagt "Our two angels!".


Das lassen wir mal so stehen und bedanken uns an dieser Stelle für das kurze, aber intensive Interview.


Autor: Billie


Bilder: Wolfgang von Spiegelwelten Photography