Messebericht - Leipziger Buchmesse & Manga-Comic-Con 2023 - Donnerstag

Endlich war es soweit. Vom 27.-30.04.2023 öffnete auf der Messe Leipzig die Leipziger Buchmesse – kurz LBM - wieder ihre Tore. Nach drei Jahren, in denen die Präsenzmesse leider ausfallen musste, konnten nun alle Bücherwürmer, Leseratte, Bibliophilen und noch mehr ihrer Leidenschaft frönen – Bücher anschauen, daran riechen, darüber sprechen und diskutieren, fachsimpeln, kaufen und selbstverständlich auch lesen. Ich war an zwei von vier Tagen für euch ebenfalls vor Ort und habe mich ins Getümmel gestürzt.


Direkt am ersten Tag kam ich kurz nach der Öffnung der Hallen an und hab erstmal dieses Feeling Buchmesse aufgesogen, indem ich völlig entspannt durch die einzelnen Messehallen geschlendert bin. Den Anfang machte ich in Halle 1, die ja traditionell der Manga Comic Con – kurz MCC – vorbehalten ist. Dabei fiel mir direkt auf, dass die MCC dieses Mal mehr Platz erhalten hatte, denn auch ein Teil von Halle 3 war mit Ständen, der Bühne und mehr im Zeichen der MCC gefüllt – das fand ich echt nicht schlecht, denn gerade die MCC erfreut sich immer solch einer Beliebtheit, dass es auf den letzten Messen immer arg eng war. Nun war vor allem mehr Platz für all die absolut begabten und besonderen Kreatoren, Zeichner, Künstler, Basteltalente und Handwerker. Ich wusste hier gar nicht, wo ich zuerst hinschauen sollte – das war alles so toll, niedlich, schön, abgefahren und extravagant. Da war echt für jeden Geschmack etwas dabei. Mein Nerd-Herz schlug hier definitiv ein wenig schneller. Leider waren in diesem Jahr aber weniger Stände mit Merchandise da bzw. die Anwesenden hatten oft ein ähnliches Angebot und die Varianz fehlte mir ein wenig. Aber das tat dem Gesamteindruck keinen Abbruch. Zwischen den Ständen gab es immer wieder auch Sitzmöglichkeiten, was von den Besuchern ausgiebig genutzt wurde zum Ausruhen, Schmökern, Schwatzen, etwas essen usw. Passend zur MCC waren diverse Stände vorhanden, die japanisches Essen anboten – da gab es abgefahrene Sachen und viele versuchten die neuen Geschmäcker. Auch konnten Computerspiele gezockt werden – hier war Anstehen angesagt. Im Gameroom gab es auch immer wieder Contests im Programm und die Besucher hatten ihren Spaß dabei. Aber nicht nur elektronisch wurde gespielt – für Kartenspiele wie Yu-Gi-Oh oder Magic: The Gathering waren Tische aufgebaut, wo von der ersten Minute an zahlreiche Zocker saßen und ihrer Kartensammel- und Spielleidenschaft frönten. An einzelnen Ständen, konnte jede/r, der/die wollte, an kleinen Gewinnaktionen teilnehmen – das sorgte für Freude. Selbstverständlich gab es hier auch viele Comics – zum Kaufen oder in der Comicleseecke zum Durchblättern und Verweilen. Die Besucher waren bunt gemischt und nicht wenige hatten schon am ersten Tag ihre Cosplays angelegt und zeigten sich – da waren wirklich besondere dabei. Und weil es in den Hallen schon jetzt warm war, taten mir die Furries – das sind Cosplayer im Ganzkörperkuscheltier-Outfit - schon etwas leid. Aber wer schön sein will, muss eben manchmal auch leiden.


Dann wechselte ich von MCC zum LBM-Angebot und wurde direkt am Stand von Piatnik von einem Spiel namens „Smart 10“ in den Bann gezogen. Die absolut freundliche Hannah erklärte mir das Game in aller Ruhe und wir gönnten uns eine Proberunde, in die wenig später der Messebesucher Andreas mit einstieg – einen Gruß unbekannterweise an dieser Stelle an die beiden. Wir mussten unterschiedlich schwere Fragen reihum beantworten und mal gewann der eine und dann wieder die andere eine Runde. Das hat mächtig Laune gemacht, denn die angetestete Variante mit Harry Potter war für mich als bekennender Potterhead echt ein Spaß. An dieser Stelle möchte ich eine klare Kaufempfehlung für dieses Game aussprechen – das lohnt sich wirklich.


Danach machte ich mich auf den Weg zu den Fantasy-Verlagen, wo ich viele Freunde und Bekannte nach der langen Durststrecke endlich wieder in die Arme schließen konnte. Ach, war das schön!!! Gleich beim ersten Verlag schnappte ich mir das „Schöne Bücher Stickersammelalbum“, das vom Netzwerk der unabhängigen Verlage „Schöne Bücher“ zusammengestellt wurde. 31 Verlage hatten sich dieses Mal zusammengefunden und bei jedem der einzelnen Stände in drei verschiedenen Messehallen konnte ich nun damit kleine Sticker sammeln gehen. Dabei entdeckte ich auch mal Verlage mit einem Angebot, was ich bisher noch nicht auf dem Schirm hatte. Und als ich dann mindestens 20 Kleberchen zusammen hatte, konnte ich mir bei einem Verlag meiner Wahl ein Goodie aussuchen, wobei wirklich jeder Stand etwas anderes in petto hatte. Also verglich ich und suchte mir dann das Gratis-Geschenk aus, was mir am besten gefiel. Dabei gab es eine reiche Auswahl – von Trinkflaschen, über Bücher natürlich, bis hin zu Stiften und mehr. Das war megatoll! Ich hoffe ja, dass es im kommenden Jahr wieder solch eine Aktion gibt, denn dieses Sammeln und Entdecken war wie eine Art Schnitzeljagd mit einer Belohnung am Ende und machte wirklich viel Freude.


Beim weiteren Schlendern kam ich an einem Verlagsstand vorbei, wo ich fast in Tränen ausbrach. Dort gab es so viele Bücher, die ich als Kind hatte und liebte und die leider nicht mehr existieren – Werke wie „Panni Pünktchen“ von Maria Szepes, „Kater Schnurz“ von Jenö Kálmán, „Der gelbe Nebel“ von Alexander Wolkow und mehr. Absolut großartig! Ich musste da eine ganze Weile stehenbleiben und einfach nur grinsen – Zack, sofort wieder im Grundschulalter – irre! So eine Buchmesse kann eben auch eine Zeitreise sein. Dann riss ich mich los und wuselte weiter durch die Hallen. An den verschiedensten Leseinseln war von Beginn an immer mächtig Betrieb und oft war kaum noch ein Rankommen – wie etwa bei Jörg Thadeusz, wo ich dann schon kaum noch etwas verstand, weil es rundherum so laut war. Überhaupt hatte ich vergessen, welchen Geräuschpegel die zahllosen Messemenschen verursachen können. Das war schon gewaltig!


So hielt ich es leider auch nicht lang bei der Lesung vom Machandel Verlag zum Thema „Japanische Märchen Update 1.1“ aus. Nina Fuhrmann erzählte kurz, dass es sich hierbei um „Märchen für Erwachsene“ handelte, denn die traditionellen Märchen wurden hier in einer modernen Art und Weise aufgearbeitet – zum Teil gruselig und somit nichts für junge Zuhörer. Auch ein Teil der Buchreihe „Die Abartigen“ von Sascha Raubal wurde kurz vorgestellt und die Zuhörer bekamen einen kurzen Einblick in die Welt dieses Romans. Das Ganze war sehr divers, tolerant und mit vielen Fantasy-Elementen. Da ich nicht so viel hören konnte, bin ich noch unschlüssig, ob das etwas für mich wäre.


Im Anschluss gab es auf der Phantastischen Leseinsel 2 ein Panel, das spannend klang, denn „Don’t judge a book by it’s cover“ ist erstmal eine gute Ansage. Oliver Graute, 1. Vorsitzender der Phantastischen Akademie e.V., begrüßte die Interessierten und auch drei Graphiker, die ihr Geld damit verdienen, unter anderem Buchcover zu gestalten – als da waren Markus Weber, Anke Koopmann und Mary Cronos. Es kamen Themen wie die Entwicklung eines Covers, Trends, die vor allem auch durch Social Media beeinflusst werden, Buchschnitte (das ist die farbige Gestaltung der drei Seiten des Buchblocks, an denen ein Buch geöffnet werden kann) und verschiedenste Gestaltungsmöglichkeiten, mit denen ein Werk zu etwas Besonderem gemacht werden können, wie Prägungen, besondere Lacke und mehr, zur Sprache. Dabei geht es den Autoren selbst oft nicht so sehr um die Covergestaltung, denn es geht ja primär eher um den Inhalt des Buches. Das wird oft übersehen, bei all den Details, die in so ein Buchcover reingestopft werden sollen. Dabei haben, je nach Auftraggeber, mal mehr und mal weniger dabei das Mitspracherecht und auch hier gilt gern einmal: viele Köche verderben den Brei. Dabei sollten aber immer Fragen beachtet werden – etwa sollte das Genre erkennbar sein, „Wie sticht man heraus?“, „Welche Emotion will ich erzielen?“ und vieles mehr. Das war schon absolut spannend zu hören, was die drei Graphiker hier zu berichten hatten. Da hab ich vorher noch nie so drüber nachgedacht. Sie hatten auch viele Tipps für angehende Autoren und Zeichner. Und selbstverständlich kam auch hier das Thema KI (künstliche Intelligenz) zur Sprache, denn immer mehr Bilder werden online durch solche Tools generiert, was zum Teil sehr fragwürdig sein kann, da hier Copyright-Rechte gern mal ungeklärt sind. Also denkt dran – schaut nicht nur vorn auf ein Buch drauf, schaut vor allem rein… oft lohnt es sich!


Nach weiteren Schlenderwegen suchte ich mir später einen Platz, um der Verleihung des diesjährigen Seraph-Preises beiwohnen zu können. Das erste Mal fand diese Verleihung nicht auf einer kleinen Leseinsel zwischen den Fantasy-Verlagen, sondern auf der großen Bühne der MCC statt – absolut verdient. Bevor das Video-Intro startete, begrüßte uns noch schnell Moderator Cosmo und schon ging es los. Oliver Graute und Natalja Schmidt, die 2. Vorsitzende der Phantastischen Akademie e.V., kamen hervor – „mit Musik und Nebel“ und strahlten in die Menge. Sie verkündeten, dass der Preis zum nunmehr 12. Mal verliehen werden sollte und dass zur Feier des Tages die „illustren kleinen Flattermänner“ ein hübsches Makeover erhalten hatten. Damit waren die Preisstatuen gemeint, die nun größer und noch detailreicher waren – sehr hübsch. 2023 hatten 23 Jurymitglieder in den drei Kategorien entschieden. Oliver verglich in seiner Rede diesen Event mit der Arbeit einer Küchencrew – alle werkeln mit Leidenschaft, um etwas Tolles zu erschaffen. Die Vorbereitung hatte sieben Monate gedauert und war nun wie „Phönix aus der Asche“ endlich wieder live durchführbar „mit realen Menschen“. Aus über 200 Einsendungen wurden die Gewinner herausgefischt – hatte die Pandemie doch offensichtlich die Kreativität überall angefeuert. Das Besondere an diesen Werken ist, dass hier viele Problemlösungen zu finden sind, denn „zwischen den Buchdeckeln ist alles erlaubt, was keinen verletzt“. Wer also mal nicht weiterkommt – lest ein Buch. Und an die Autoren ging der Aufruf: „Hört nicht auf!“

Der „Beste Indie-Titel“ wurde zuerst präsentiert – mit einer Laudatio der Vorjahres-Gewinnerin Tanya Hartgers. Sie stellte das Gewinner-Buch kurz als Scifi-Novelle vor und schon war es raus – gewonnen hatte dieses Mal Christopher Abendroth mit „Der salzige Geschmack unserer Freiheit“. Der war direkt „sprachlos“, als ihn der laute Beifall begrüßte. Dann sammelte er sich kurz und bedankte sich bei seiner Frau und den 85 Mitbewerbern in dieser Kategorie. Mit einem zufriedenen Lächeln verließ er mit dem schweren Preis die Bühne.

Hiernach schaute Natalja kurz auf die Zeit in der Pandemie zurück. So stellte sie fest, dass Social Media für Autoren echt hart sein kann, durch all diese verwirrenden Algorithmen, die dann nichts mehr anzeigen und dergleichen. Das verändert auch die Arbeit eines Autors. Verzagen ist da aber falsch, so Natalja, vielmehr forderte sie: „Lasst uns gemeinsam das Beste aus der Phantastik machen.“ Schnell ging es weiter mit dem Preise verteilen und nun war das „Beste Buch“ an der Reihe. Vorjahres-Sieger Joshua Tree gab einen Einblick in den Gewinner-Titel, in dem es auch um KI geht. Er persönlich hofft, dass sie alle nicht in Zukunft mit KI konkurrieren müssen und ob es eventuell ein „Biosiegel als Gütesiegel“ für Bücher geben sollte. Theresa Hannigs „Pantopia“, wurde das „Beste Buch“ und es sei ein „Pflaster für den Weltschmerz“. Die Autorin selbst war „Wiederholungstäterin“, denn sie hatte mit ihrem Debüt schon einmal einen Seraph mit nach Hause nehmen können. Sie selbst fühlte sich „sehr geehrt“ und bedankte sich bei ihrem Lektor und ihrer Familie. Dabei rief sie ihre Autoren-Kollegen auf: „Schreibt positive Utopien“, denn „wir alle können etwas tun“, um die Stimmung der Leser*innen und die Welt zu verbessern. Schön gesagt.

Bevor dann auch noch der Seraph für „Bestes Debüt“ verliehen werden konnte, bedankten sich Oliver und Natalja bei Tilman Silescu, dem Komponisten der Seraph-Hymne, die am Anfang im Intro zu hören gewesen war. Außerdem gab es den Hinweis auf den „Nachtisch“, in Form der Phantastischen Lesenacht, die an diesem Abend noch im Anker Leipzig stattfinden sollte. Da war ich auch für euch dabei, dazu aber an anderer Stelle mehr. Zurück zum letzten Preis des Tages – Vorjahres-Gewinnerin Eleanor Bardilac kam in Tracht, denn in dem Gewinner-Buch ging es auch um Traditionen, die generell toll sind, aber auf jeden Fall auch hinterfragt und reflektiert werden sollten. Alte Stoffe sollte im Spiegel der Zeit aufgegriffen und verarbeitet werden, wie es auch Lucia Herbst mit „Medusa: Verdammt lebendig“ getan hatte. Die Siegerin wirkte fast geschockt und grinste übers ganze Gesicht. Sie widmete das Werk allen, die sexualisierte Gewalt erlebt haben. Sie sollen immer dran denken: „alles wird gut und es ist alles in Ordnung“. Das waren schöne Worte. Außerdem ging ein Dank raus an ihre Kollegen, den Verlag und ihre Familie. An ihr Kind gerichtet verkündete sie abschließend: „Ich bring dir den Engel mit nach Hause.“

Damit war die Seraph-Verleihung auch schon wieder vorbei. So blieb es den beiden Vorsitzenden nur noch, sich zu bedanken und zu verabschieden mit den bekannten Worten: „Bleiben Sie phantastisch!“ Na aber gern doch!


Danach sammelte ich noch schnell einige Mitfahrer ein, die auch zur Langen Lesenacht gehen wollten und dann machten wir uns allmählich auf den Weg in den Anker. Der erste Messetag war extrem flugs rumgegangen und ich hatte viel gesehen und schöne Momente erlebt. So konnte es echt weitergehen.


Weiter zu Tag 2


Autor: Trixi


Galerien der Messe