Messebericht - Leipziger Buchmesse & Manga-Comic-Con 2023 - Freitag

Ein wenig müde war ich noch, denn die Lange Lesenacht war wirklich lang gewesen und ich hatte wenig Schlaf bekommen. Aber wer das eine will, muss das andere mögen, also machte ich mich auf die Socken und war schon wieder kurz nach Öffnung auf der LBM angekommen.


An diesem Tag hatte ich einige Programmpunkte mehr auf dem Plan und schon bald ging es mit dem Knaur Fantasy Talk auf der Phantastischen Leseinsel 1 los. Dabei waren Boris Koch, Kai Meyer, Markus Heitz, Lisanne Surborg und Liza Grimm. Wie zu erwarten gewesen ist, war es brechend voll und nicht alle kamen nah genug heran. Ich hatte aber dieses Mal Glück und konnte alles gut verfolgen. Der Moderator, ein Herr von der Verlagsgruppe Droemer Knaur, verkündete: „die Schwergewichte der Phantastik sind hier und dabei gucken wir nicht aufs Gramm“. Das sorgte für Lacher, denn Markus fühlte sich irgendwie angesprochen. Dann ging es direkt in die Gesprächsrunde – wir hatten doch nur eine halbe Stunde Zeit. Auf die Frage „Was hat euch dazu befähigt, Geschichten zu erzählen?“ meinte Liza nur scherzhaft: „Mein Leben basiert auf einer Lüge“, denn ihre Oma hieß zwar Grimm, aber war doch nicht mit den berühmten Märchensammlern verwandt, wie ihr als Kind immer erzählt wurde. Boris hatte weder das Talent für Fußball noch für Mathematik oder gar Musik und so versuchte er es eben mit Schreiben. Markus hingegen war in handwerklichen Dingen schlecht und wollte ursprünglich Lehrer werden. Nach kurzer Zeit stellte sich das dann aber als nicht so gute Idee heraus und so ist er dann auch zum Schreiben übergegangen – na Gott sei Dank! Lisanne versuchte es einfach mal und Kai, der ja eigentlich Journalist ist, hat anfangs eher Hörspiele gemacht und stieg dann um. Die fünf Autoren hatten hier miteinander echt ihren Spaß und stichelten sich gern mit witzigen Sprüchen, wie etwa die Mathematik-Liebe bei Liza wohl den „Horroranteil“ in ihren Werken erklären könnte. Weitere Themen waren dann z.B. der Einfluss von starken Mädchenfiguren wie Pipi Langstrumpf auf die Autorinnen in der Runde, ob sie an Übersinnliches glauben, woher sie ihre Ideen nehmen und mehr. Selbstverständlich durfte jede*r auf der kleinen Bühne noch ihr/sein aktuelles Werk vorstellen. „Imperator“ entstand als Zusammenarbeit von Kai und Lisanne, die ein Hörspiel zu drei Romanen ummünzten. Liza schreibt in ihrer „Talus“-Reihe gern über Hexen, weil sie der feministische Anteil an diesen Figuren fasziniert und hat das Ganze eigentlich als „Rache“ an einem Tourguide in Schottland angefangen. In Boris „Moorläufer“ geht es um ein Land mit Alchemie und Drachen an einem riesigen Moor, denn „Drachen können beides sein - das Großartige und das Böse“. Als letztes verriet Markus noch, dass er gern über Zwerge schreibt, weil die so aufrichtig sind und ein großes Herz haben. Sein erster Band der „Kleinen“ feiert in diesem Jahr übrigens sein 20. Jubiläum. Dann war die Zeit auch schon rum – schade eigentlich, denn ich hätte ihnen noch ewig lauschen mögen.


Doch die nächste Lesung stand schon an und keine Buchmesse ohne Herrn von Aster. Christian stand in den Startlöchern, um sein neues Werk „Das Zweilichtkaleidoskop – Schrecken, Verdammnis und Tentakel“ vorzustellen – eine Sammlung von Horror-Kurzgeschichten. Als „literarischer Hedonist“ wollte er mal „etwas Neues“ wagen und ein Werk mit „allen Extras“ herausbringen. Und genau das hielt er nun in den Händen – es sah wahrlich schick aus. Er stellte fix die Illustratorin Jea Pics vor, die die Deckblätter für die Geschichten und das Buchcover gestaltet hat. Insgesamt war er „bumsstolz“ auf das Ergebnis, das es nur in auf 666 Stück limitierter Auflage im Schuber gibt. Und damit wir Zuhörer dann einen Eindruck davon bekamen, was uns darin so erwartete, las er uns die „intensivste Horrorgeschichte“ daraus vor – über eine der Figuren des Horrors, nämlich einen Clown namens „Plumpaquatsch“. Wir trafen Markus, dem seine Eltern immer einen Clown zum Geburtstag schenkten, obwohl er die gar nicht so mochte. Später verdiente er dann als Student selbst sein Geld als Clown auf Kindergeburtstagen, denn das lohnte sich ganz gut. Einer dieser Einsätze war dann aber sehr strange und abgefahren und endete ganz anders, als es sollte. Wie genau, möchte ich euch nicht verraten – der Spaß soll euch beim Lesen noch erhalten bleiben. Nur soviel – da kommt ihr nie drauf. Nach dieser Geschichte beantwortete der Autor zur Freude aller noch einige Zuschauerfragen. Mit dem Gedicht über „Amor und Odor“ rundete er schließlich diese illustre Runde ab – vielen Dank, der Herr. Es war wie immer ein außerordentliches Vergnügen und nicht nur ich war ein Opfer dieser Zurschaustellung des neuen Buches, das dann direkt bei mir eingezogen ist.


Auf der großen Bühne der MCC bekam ich nach einer Verschnauf- und Gesprächspause mit Freunden dann noch den Rest von eine Live-Workshop von Martina Peters von Carlsen Manga mit, die die Grundzüge des Zeichnens für Mangas erklärte. Die Grundregeln für das Zeichnen von Körpern und Gesichtern klangen so präsentiert echt einfach, aber das Umsetzen ist dann immer wieder eine ganz andere Sache. Dabei wirkte Martina sehr souverän und sympathisch, gar nicht schulmeisterlich. Sie zeigte das auf der großen Leinwand, wo wir ihr bei einer Zeichnung im Photoshop oder ähnlichem zusehen konnten. Nicht wenige Zuschauer notierten sich die Tipps oder zeichneten kleine Zwischenstufen mit. Ich persönlich kann ja gar nicht malen oder zeichnen und hab es gar nicht erst versucht. Das war aber trotz allem auf jeden Fall aufschlussreich und wurde am Ende mit viel Applaus honoriert.


Für alle True Crime-Fans bot der folgende Programmpunkt auf der großen Bühne etwas Besonderes, denn Thomas Kundt, ein echter Tatortreiniger, stellte seine „Black Stories“ aus dem moses. Verlag vor. Wer dieses Kartenspiel nicht kennt, hat echt was verpasst. Im Publikum saßen aber offensichtlich nur Liebhaber dieses Spielesystems und waren echt gespannt. Damit die Thomas kennenlernten, verriet er kurz, wie er vom Finanzdienstleister zum Tatortreiniger geworden ist und dass es bei seinem ersten Einsatz gut war, dass seine Mutter mit kam. Seit nunmehr 10 Jahren ist er nun aber schon dabei und möchte nichts anderes mehr machen. Bei den Karten dieser Edition war es immer so, dass der Illustrator Helmut Kollars die Vorderseiten gemalt hat, bevor er die Auflösung kannte und so kam es, dass die Bilder manchmal vollkommen anders waren, als sich am Schluss die Geschichte wirklich zugetragen hatte. Einige der Karten wurden dann samt Auflösung vorgestellt und was das für Stories waren – echt abgefahren. Wir hörten etwa von einem Fall, als sie eine Wohnung räumen mussten, in der seit sieben Jahren eine Leiche gelegen hatte. Fazit hierzu war: „wir sollten viel mehr auf die anderen achten.“ Auf die Frage, wie er das Ganze denn so verkrafte, meinte er scherzhaft: „Grundsätzlich solltest du dir nie Arbeit mit nach Hause nehmen.“ Er handhabe es so, dass er sich an Tatorten etwa verabschiede – „mir ist wichtig, dass die nicht antworten“. Und nicht nur Verbrechensorte werden von ihm und seinen Kollegen gereinigt, auch Messie-Wohnungen, wobei das immer mehr werde. Hier noch einige Sprüche von Thomas, die ich euch auch gern mit auf den Weg geben möchte: „Leute, wenn ihr eine Maske tragt und wenn euch schlecht wird – setzt die Maske ab“ oder „wenn ihr durch frischen Schnee lauft – das Knirschen – so ist das, wenn man durch einen Teppich frischer Fliegenlarven läuft.“ Fiese Vorstellung, oder? Also beides… Schwarzer Humor ist in diesem Job bestimmt nicht fehl am Platz und mir fetzte die Art und Weise von Thomas echt. Super Typ, der mittlerweile in seiner Firma auch ausbildet – also wenn ihr Bock habt – kontaktiert ihn einfach.


Noch einmal machte ich einen langen Spaziergang durch alle LBM-Hallen und entdeckte so noch das ein oder andere Highlight. Die Musik-Verlage hatten auch Instrumentenbauer mit am Start und die einzelnen Gastländer stellten sich farbenfroh vor. Für jung und alt war hier jederzeit etwas geboten und so konnte es niemandem langweilig werden. Auch an diesem Tag waren die kleinen Lesungen an all den Leseinseln immer gut besucht und die Beifälle fielen überall lautstark aus.


Der spätere Thriller-Talk von Buchheim Verlag und CrossCult auf der großen Bühne war ebenfalls ein Programmpunkt, der von wirklich vielen wahrgenommen wurde. Hier saßen die Autoren Christopher Golden, Rio Youers und Kim Sherwood, die die Fragen von Moderator Frank Weinreich und aus der Zuschauerschaft beantworteten. Ich kam erst etwas später dazu und musste direkt klatschen, als Christopher verlauten ließ, dass Samweis Gamdschie „the real hero in Lord of the Rings“ sei – meine Rede. Kim berichtete viel von ihrer Arbeit im Bond-Universum und stellte auch klar, welcher ihr erster Bond war und welchen sie mag – ganz klarer Daniel Craig-Fan, aber da scheiden sich ja auch schnell mal die Geister. Zum Glück sind Geschmäcker verschieden. Rio erklärte dann seine Arbeitsweise beim Schreiben und stellte klar, „Horror is not about the monster“, es gehe dabei eher um die normalen Menschen, denen etwas passiert und wie sie handeln. Auf eine Zuschauerfrage hin verriet er dann, dass er immer Familienmitglieder in seinen Werken tötet. Ob das so ganz ernst gemeint war, kam nicht ganz rüber. Christopher hingegen äußerte zu dieser Frage: „If I would kill you, that means I love you.” Hierfür bekam er einen Szenenapplaus und nicht wenig lächelten hier angetan. Übernatürliches braucht es für einen guten Thriller übrigens nicht, denn der Mensch an sich ist beängstigend genug und oft ist die Angst auch so groß, dass die an sich egal ist, denn es gehe immer wieder darum, wie die einzelne Figur damit zurechtkommt und umgeht. Gut gesagt. Dann war die Zeit schon rum, auch wenn es noch Fragen gegeben hätte. Ich lese ja keine Thriller, aber diese Einblicke waren schon spannend. Vielleicht nehme ich mir doch mal eines der Werke von den dreien vor.


Der letzte Programmpunkt für mich an diesem Tag und auf der LBM insgesamt war dann das Live-Pen & Paper auf der großen Bühne, zu dem die Phantastische Akademie e.V. geladen hatte. Es ging um „Die Bibliothek aus Obsidian“. Fantasy-Autor Christoph Hardebusch begrüßte uns alle als Spielleiter und verriet, dass das Ganze im System Die Schwarze Katze stattfindet – eine Unterkategorie des bekannten DAS (Das Schwarze Auge), bei dem die Spieler Katzen spielen, die sprechen und aufrecht laufen können und auch sonst viele Fähigkeiten haben, die eine normale Katze eher nicht so an den Tag legt. Das erklärte auch, warum bis auf Markus Heitz, die anderen Mitspieler Annabelle Stehl, Liza Grimm und Mikkel Robrahn Katzenohren aufgesetzt hatten. Markus verriet schnell, dass er als Armbrustschütze immer in Deckung sein müsse und deswegen die Ohren zu jeder Zeit angelegt habe. Annabelle spielte eine Hauskatze, die gern mal auf Dramaqueen macht und Mikkel stellte Flumm dar – „das ist das Geräusch, das ich mache, wenn ich vom Tisch falle“. Flumm war ein Wissenschaftler, der erforschen wollte, ob Katzen wirklich neun Leben haben – natürlich nicht an sich selbst. Die letzte in der Runde war Liza, deren Charakter Spooky immer und überall auf alles, „was glitzert“ reagiert – „du stirbst als erstes“, so Flumm. Wir stiegen mit den fünf direkt in das kleine Abenteuer ein, das damit begann, dass sie ein kleines, schwarzes Kätzchen in einer einsamen Gasse vor einer Schlägertruppe retteten. Wie zu erwarten, war das Ganze echt amüsant und unterhaltsam. Die Sprüche der einzelnen brachten die Zuschauer immer wieder zum Lachen. So stürzte sich Mikkel immer wieder mit dem Ruf „Für die Wissenschaft“ ins Getümmel und Liza rannte wirklich jedem Glitzern hinterher – und wenn es nur die Reflektion einer Waffe war. Die verwöhnte Hauskatze von Annabelle war gern mal unbeteiligt und „hinterfragt ihr Leben“, bei all dem Dreck in der Gasse. Dann kamen sie nach und nach der titelgebenden Bibliothek an – vielleicht war ja das Kätzchen angegriffen worden, weil es ein Buch zu spät abgegeben hatte. Dem war wohl dann aber nicht der Fall, sondern…


Und genau dieses sondern bekam ich dann leider nicht mehr mit, weil ich mich auf den Weg machen musste. Ich musste mich noch von allen Bekannten und Freunden verabschieden, denn am Wochenende, wenn es so voll werden würde in den Hallen, wollte ich nicht noch einmal vorbeischauen. Außerdem stand eine Lesung im Pappnoptikum auf meinen Plan an diesem Abend – auch dazu könnt ihr später mehr bei uns nachlesen.


Insgesamt hat es sich aber wieder einmal absolut gelohnt. Es war warm, voll, buchreich, lesungsreich und ganz grandios. Ich freu mich schon auf die Leipziger Buchmesse im kommenden Jahr, die vom 21.-24.03.2024 stattfinden wird. Da werde ich mit Sicherheit wieder dabei sein, um im Bücherhimmel zu schwelgen. Da seid ihr doch dann sicher auch mit von der Partie, oder?!


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Autor: Trixi


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