Festivalbericht - Festival-Mediaval 2023 - Freitag

Der zweite Tag begann recht zeitig kurz nach dem Mittag, zumindest für einen Freitag. Den Anfang machten Herzgespann auf der Burgbühne, wo sich auch bereits einige Tänzer und Zuhörer versammelt hatten. Wir nutzten die Zeit für einen Kaffee und ein großes Stück Kuchen von unserem Lieblingsbackstand. Das Wetter meinte es wieder gut, fast war es schon zu warm in der Sonne.


Aber so konnten wir entspannt dem Set von Thundercrow auf der Schloßbühne lauschen. Daphyd (ehemals Omnia) und sein Kollege Zachary spielen Hybrid World Folk, der vor allem auf Didgeridoo und Saxophon setzt. Unterstützung bekamen die beiden Musiker an diesem Wochenende von den Sängerinnen Maria (ehemals Cuelebre) und Kyara, während Jakob (Reikas Tanz) den Percussionpart übernahm. So bekam die Klangfülle noch mehr Tiefe und die meist instrumentalen Stücke sorgten für gutgelaunte Gäste, die abwechselnd tanzten oder einfach nur zuhörten. Außerdem gab sich Kontaktjongleur Kelvin Kalvus für einen Track die Ehre auf der Stage und ließ seine Kugeln zu den Beats tanzen. Alles in allem ein schöner Gig, der den Nachmittag einläutete.


Parallel lief die Lesung von Tommy Krappweiss, der immer für gute Laune steht. Zusammen mit Moderatorin Amandara versteigerte er zuerst eine unterschriebene Met-Flasche – auch dieser Erlösung kam der Deutschen Depressionshilfe zugute. Das Ganze eskalierte schnell mit schlechten Wortspielen, die für viele Lacher und Lachtränen sorgten. Schließlich verriet uns der Autor, wie es zur Entstehung des Hörspiels, des Buches und schließlich der Streamingserie „Kohlrabenschwarz“ gekommen war und trug direkt einen kleinen Auszug vor. Dieser war etwas Besonderes, denn diese Kurzgeschichte hatte Tommy noch nie zuvor öffentlich gelesen. Es war wirklich toll und alle Zuhörer, die zahlreich erschienen waren, hatten ihren Spaß. Gegen Ende der Lesung wurde es immer lustiger und ich habe an dem Tag so sehr gelacht, wie schon lange nicht mehr. Danke an dieser Stelle nochmal an Tommy!


Direkt nach diesem Auftritt waren wir zu einer Hochzeit 'eingeladen'. Im Hafenviertel fand eine freie Trauung statt, die zwei Menschen der Helfercrew fürs Leben verbinden sollte. Die beiden hatten sich vor einiger Zeit auf dem Festival-Mediaval kennengelernt, weswegen es nur logisch war, dass auch dort die Hochzeit stattfindet. Durch die Trauung führte PurPur-Sängerin Tini, die neben ihrem Musikerinnenleben auch als freiberufliche Traurednerin tätig ist. Wir gratulieren an dieser Stelle gern noch einmal dem glücklichen Paar, das sich das Ja-Wort vor den Familien und ihrer Festivalfamilie gab. Danke, dass ihr uns habt teilhaben lassen.


Weiter ging es mit AOK! - und nein, nicht die Krankenkasse, sondern ein Projekt von Folkurgestein Knud Seckel, welches er seit 25 Jahren betreibt um den französisch-bretonischen Balfolk unters Volk zu bringen. Leider hat uns das Ganze nicht abgeholt und auch die unermüdlichen Tänzer im traditionellen Balfolkkreis wirkten recht schnell verloren vor der großen Bühne. Die Festivalbesucher suchten sich größtenteils einen anderen Ort zum Verweilen, zumal eine gesamte Spielzeit von zwei Stunden angesetzt war. Aus unserer Sicht war das wohl ein Wagnis, welches bei der Planung eingegangen wurde. Das hat leider nicht wirklich funktioniert und trieb auch uns von der Bühne weg auf die Marktmeilen, wo wir den Artisten von Anam Cara zuschauten und uns mit langvermissten Freunden die Zeit vertrieben.


Sunfire holten uns dann auf der Burgbühne zur Musik zurück. Die Band, die aus verschiedenen niederländischen Musikern und Musikerinnen besteht, brachte Westernfolk mit nach Selb. Frontmann Satria (ehemals Omnia) hat sich mit Sunfire eine eigene musikalische Heimat geschaffen und ich persönlich freute mich darauf. Mit Banjo und Violine ging es in die Vollen und Sunfire holten die Menschen aus dem Nachmittagstief. Es wurde viel getanzt, mitgeklatscht und als zwei Piraten die Bühne enterten, wurde es richtig wild. Sunfire spielten nämlich nicht nur auf der Tour von Ye Banished Privateers den Support, sondern hatten auch zufällig am selben FM-Tag ihre Auftritte. Mit ihrer Mischung aus Western und Bluegrass holten die Niederländer den Süden der USA nach Franken. Es war mitreißend und voller Herz - danke dafür!


Auf der Schloßbühne hatten derweil Nebala ihre Instrumente aufgebaut. Wer eine musikalische Erfahrung im Stil von Heilung erwartete, wurde aber leider enttäuscht. Die Formation um Sänger Jonas Lorentzen, der vor einiger Zeit auch Teil von Heilung war, und Kjell Braaten (Wardruna) musste an diesem Wochenende viel improvisieren, denn Kjell war krankheitsbedingt nicht dabei. So wurde aus dem erwarteten nordisch geprägten Set eine Art orientalisch-schamanisches Ritual, bei dem Jonas von Percussionist Rob van Barschot, einer Sängerin und Zachary von Thundercrow unterstützt wurde. Aber so richtig wollte der Funke leider nicht überspringen. Gefühlt war es wenig ehrlicher, dafür mehr höflicher Applaus, um die Musiker nicht vor den Kopf zu stoßen. Schade!


Dafür ging auf der Burgbühne anschließend die Post ab. Wenn die Freibeuter von Ye Banished Privateers unterwegs sind, kann alles passieren. Wir erinnern uns gern an den Auftritt in der Goldbergbucht, bei dem die Bühne fast zu klein war für die vielen Mitwirkenden. Die Band besteht aus fast 30 Musikern und Musikerinnen, so dass die Bühnencrew durchaus unterschiedlich ausfallen kann. In Selb waren acht Leute auf der Bühne zugange und rockten mit dem Publikum durch die beginnende Nacht. Musikalisch zeigten die Schweden ihr breites Repertoire aus Partysongs, nachdenklichen Balladen und traditionell inspirierten Piratenfolk-Stücken. Wild, bunt und laut sind Ye Banished Privateers und sie haben sich an diesem Abend sicherlich ein paar neue Fans erspielt, denn so bekannt sind sie in manchen Teilen Deutschlands noch nicht. Aber das ist auch gut so, denn so konnten die Menschen auf dem Festival, die die Band noch nicht kannten, gleich etwas Neues entdecken.


Als wir nach dieser Sause an die Schloßbühne kamen, waren dort schon viele Gäste versammelt, denn den Headliner des Abends stellten Faun, die schon oft auf dem Goldberg zu Gast waren und immer wieder gern dabei sind. Es sollte ein ganz besonderes Konzert werden, doch dazu später mehr. Los ging es zunächst gewohnt pagan-folkig, das Publikum freute sich über die Hits der Band und die Band spielte enthusiastisch ihre größten Hymnen, wofür es viel Applaus gab.
Nach gut der Hälfte kündigte Oliver musikalische Gäste an und erzählte dem Publikum mit emotionalen Worten die Geschichte der belarussischen Band Irdorath, deren Mitglieder aus politischen Gründen zwei Jahre lang in Haft waren. Im Frühjahr kamen die beiden Bandgründer Vova und Nadja nun endlich frei und sie waren an diesem Abend in Selb zu Gast. Zusammen mit ihrer Kollegin Alexandra spielten sie den neuen Track "Zorami", der in der Haft entstanden ist und den Neuanfang der Band in Deutschland markieren soll. Schließlich erinnerten Vova und Nadja noch an die vielen politischen Gefangenen, die immer noch in Belarus in Haft sind und baten alle darum, dies nicht zu vergessen. Das war ein wirklicher Gänsehautmoment, der nicht nur dem Publikum, sondern auch allen anwesenden Musikern auf der Bühne, den Pressevertretern im Bühnengraben und dem Team die Tränen in die Augen trieb.

Danach spielten Faun ihr Set weiter, bevor sie zur Verabschiedung von Percussionkünstler Rüdiger Maul kamen. Der Musiker ist seit Beginn ein Teil von Faun, wird jetzt aber neue Wege gehen und dies wurde gebührend in Selb mit Wein und einem Geschenk für Rüdiger zelebriert. Auch dies beklatschten die Menschen vor der Bühne und tanzten noch weiter in die Nacht.

Wir "tanzten" derweil in unsere Pensionsbetten, voll mit Emotionen und Erlebnissen, auch wenn der Tag die eine oder andere Durststrecke aufwies.


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Autor: Billie & Trixi


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