Festivalbericht - WGT 2022 - Freitag

Nach so einer langen Zeit ohne das Wave-Gotik-Treffen in Leipzig, war es direkt komisch, als wir zu Pfingsten all unsere sieben Sachen zusammenpackten, um gemeinsam in die „schwarze Grufthauptstadt“ zu fahren, um endlich das 29. WGT vom 03.-06.06.2022 zelebrieren zu können.


Der erste Weg führte uns an die Agra, um unsere Pässe abzuholen und schon einige lang vermisste Freunde zu treffen. Klar war es im ersten Moment seltsam, alle wieder in die Arme schließen zu können und ein gewisses Unwohlsein legte sich nicht, aber die obligatorische Umarmung musste nach der langen Zeit echt sein. Dann wurde fix ausgepackt - zum Glück hatten wir eine sehr günstige Unterkunft ergattern können, denn die Hotelpreise waren in Leipzig zum Teil wirklich unverschämt – wir wollten das Objekt ja nicht kaufen. Aber so hatten wir einen guten Ausgangspunkt für all unsere Unternehmungen – danke hier nochmal an den edlen Wohnungsgeber. Und dann ging es los:


Wir wollten wie immer mit der Parkvignette vor der Agra parken, mussten dann aber doch auf einen Parkplatz bei den Zeltplätzen hinten fahren. Wir fanden auch gerade so noch ein freies Plätzchen und mussten so etwas weiter laufen, denn an diesem Freitag stürmten wir zuerst das Heidnische Dorf (HeiDo). Das Wetter war gut und so schlenderten wir zunächst die zahlreichen Verkaufs- und Gastro-Stände ab, wobei wir feststellen mussten, dass einige Händler, auf die wir uns gefreut hatten, leider nicht mit von der Partie waren. Insgesamt war es tatsächlich ein wenig leerer, was die Stände anging. Die Atmosphäre war aber überall toll und ausschließlich lächelnde Gesichter waren zu sehen. Jeder freute sich – endlich wieder WGT!


Musikalisch bildeten The KingsPipers für uns den Anfang. Die 2018 von Wim Dobbrisch, den ihr sicher noch von Corvus Corax kennt, gegründete Celtic Folkrock-Formation betrat gut gelaunt und mit aufeinander abgestimmten Outfits – natürlich mit Kilt – die Bühne. Die Menge begrüßte sie mit zaghaftem Applaus, der sich aber nach und nach steigerte, denn die Drums, die harten Gitarrenriffs und selbstverständlich die Dudelsäcke sorgten für lockere Stimmung. Später kam auch noch „Tanzweib“ Helena mit nach vorn, um einen lasziven Fächertanz oder Feuerspiele darzubieten. Die fünf Musiker gaben alles und präsentierten bekannte Melodien wie „Mille Anni Passi Sunt“ oder das bekannte Filmthema von „Pulp Fiction“ oder aber „Loch Lomond“, bei dem auf dem ganzen Platz vor der Stage und darüber hinaus von allen „Röckchenträgern“ mitgesungen wurde. Der Auftritt wirkte noch ein wenig unkoordiniert, aber es war wohl einer der ersten gemeinsamen Live-Gigs. Dafür war es aber ganz schön und für uns ein toller Einstieg ins Festival-Wochenende.


Als nächstes heizten Fiddler’s Green im Heidnischen Dorf ein. Mittlerweile war es noch voller geworden und alle Zuschauer hatten mächtig Bock auf Tanzen und Springen und das wurde hier gemeinschaftlich mächtig gewaltig ausgelebt. „Whiskey in the jar“ ließ die Menge schon zu Beginn schier ausrasten. Die Arme waren oben, es wurde mitgeklatscht und gejubelt. „Es tut so gut, euch zu sehen“, so Frontmann Albi. Das konnten wir nur zurückgeben. Zu „Bottoms Up“ wurde es sogar so wild, dass es großer Moshpit vor der Bühne entstand, in dem es heiß herging. Dabei wurden alle Beteiligten von einer großen Staubwolke eingehüllt – „gemeinsam springen“ war die Ansage. Der Sound war richtig gut und die Party in vollem Gange – so und nicht anders kennen wir die Shows der Fiddler's – genial! Nicht nur das Publikum hatte seinen Spaß, auch die Herren der Band hatten eine gute Zeit und das war ihnen anzumerken. Jeder Musiker bekam seine Bühnenzeit – z.B. zeigten Tobi, Stefan und Frank bei einem Geige und Drum-Solo ihr ganzes Können. Sowas mögen wir echt und genossen die Darbietung grinsend und tanzend. Jederzeit wieder!


Vom HeiDo pilgerten wir in die Agra-Halle rüber und wechselten damit nicht nur die Örtlichkeiten, sondern auch die Musikrichtung. Von Folk ging es zu Synthpop, weil als Nächstes Solar Fake auf dem Plan standen. Die Moderatoren Oliver Klein und DJ Elvis begrüßten vorher noch schnell alle Festivalgäste und auch sie hatten sichtlich gute Laune. Als dann endlich Drummer Jens, Keyboarder André und auch Sänger Sven die Stage enterten, kreischte das vornehmlich weibliche Auditorium für Begeisterung auf. André war direkt in seinem Element und ging mal an den Tasten und mal mit Gitarre mächtig ab. Sven tanzte mit den Fans um die Wette und schmetterte Klassiker wie „Sick of you“, „I despise you“ oder „Reset to default“. Oft wurde mitgesungen und jedes Mal war der Beifall frenetisch. Auch die Lichtshow in grün und weiß konnte sich sehen lassen. Im Hintergrund liefen auch immer wieder die Musikvideos zu den Tracks mit, so dass die Bandmitglieder oft mehrfach zu sehen waren – als Bild und in echt. Das Tanzbedürfnis, was schon so lange nicht mehr ausgelebt werden konnte, wurde hier bei Groß und Klein ausgiebig befriedigt. Auch wird bewegten uns eher tanzend als laufend durch die Menge, als es mal an die Bar ging. Daran könnten wir uns echt gewöhnen. Das war dann auch unser erstes Indoor-Konzert seit über zwei Jahren – etwas mulmig war uns da schon. Die Agra-Halle war gut gefüllt, aber jeder hatte noch seinen „personal space“ zum Tanzen und Genießen. So war es auch für uns nicht unangenehm und wir verzichteten auf die Mund-Nasen-Maske. Außerdem konnten wir ja jederzeit hinter der Halle an die frische Luft, was wir auch redlich nutzten – auch um sich mal hinzusetzen.


Weil der Auftritt von Warfield kurzfristig abgesagt werden musste, war IAMX dann kein Mitternachtsspecial mehr – Chris Corner zog seinen Gig einfach vor. Das kam uns sehr entgegen, denn so wurde der erste Abend nicht direkt ein sehr langer – mussten wir doch nach der langen Pause ein wenig mit unseren Kräften haushalten. Die Moderatoren Oliver und Elvis fanden wie wir alle, dass es „einfach wieder toll“ war, „hier zu sein“ bei all den „normalen Leuten“. Chris hatte sich auf der Bühne richtig viel Technik aufbauen lassen – Keyboards, Soundgeräte und noch einiges mehr. In wahnsinnig viel Nebel getaucht legte er schließlich los. Die Scheinwerfer beleuchteten ihn dabei in blau, pink, rot und violett. Die schmale Gestalt des Musikers war in schwarze Kleidung gehüllt und auf dem Kopf hatte er neben einer Kapuze noch einen Kopfhörer. „It’s been so long – Ich habe Sie vermisst“ so seine begrüßenden Worte nach dem ersten Lied. Songs wie „Sailor“ oder „After every party I die“ waren allesamt sehr experimentell aufgebaut, denn Chris drehte mal hier an einem Knöpfchen, spielte dort mit Effekten wie Hall oder Loops und veränderte jedes Stück. Mal war der Beat eher langsam und dann nahm er wieder Fahrt auf. Der Amerikaner war ganz in seiner Performance versunken und tanzte ausgelassen. Leider war der Gesang oft kaum zu verstehen, weil er es mit dem Halleffekt etwas übertrieb. Aber insgesamt war es ein besonderes Erlebnis.


Wir verabschiedeten uns nach einer Weile und machten uns auf den Weg ins Bett. Wie gesagt – wir wollten es etwas ruhiger angehen lassen.


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Autor: Trixi


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