Festivalbericht - WGT 2022 - Sonntag

Wir ließen es an diesem Tag etwas ruhiger angehen und besuchten ein paar Freunde zum Frühstück, um danach entspannt mit einem Konzert im Heidnischen Dorf zu beginnen. Da war der Andrang so groß, dass sogar wir als Pressevertreter abwarten mussten, bis uns Einlass gewährt wurde. Hier ein kurzer Hinweis an die Securities vor Ort: mit Freundlichkeit kommt Mann besser durchs Leben, als damit, die fröhlich gelaunten Festivalgäste oder Pressevertreter anzumaulen, ohne diese selbst zu Wort kommen zu lassen.


Rechtzeitig zu Fejd waren wir dann aber doch vor der Stage im HeiDo und konnten uns auf die langhaarigen Folkmetaller aus Schweden freuen. Frontmann Patrik meinte zum Start verschmitzt: „We’re gonna rock as hell.“ Das Sextett legte sich ordentlich ins Zeug und sowohl vor als auch auf der Bühne war Headbangen angesagt. Das machte allein beim Zuschauen schon Spaß und Nackenschmerzen. Die Atmosphäre, die Songs wie „Härjaren“ oder „Drängen och Kråkan“ verbreiteten, passten so perfekt zum Ambiente des HeiDo – wie Faust aufs Auge oder wie in dem Fall passender – wie Wikingerhelm auf Kopf. Zu mehrstimmigem, kraftvollem Gesang wurde im Takt mitgeklatscht. Die Zwillinge Patrik und Niklas spielten sich immer wieder an und forderten so noch mehr Höchstleistungen zu Tage. Neben verschiedensten Instrumenten wie Moraharpa, Harfe oder Bouzouki kam auch mal eine Maultrommel zum Einsatz – diese Abwechslung beeindruckte die Zuhörer sichtlich. Und als ein ganz neues Stück quasi uraufgeführt wurde, forderten die Herren alle Fans auf, den Song zu filmen und auf Youtube zu posten. Ob das dann wirklich jemand gemacht hat, konnte ich bisher nicht nachprüfen. Es machte uns absolut viel Spaß und wir freuen uns schon auf das nächste Wiedersehen mit Fejd.


Wir schlenderten dann noch ein wenig an den Ständen vorbei, besuchten Bekannte an den Verlags-Verkaufsständen und genossen eine schmackhafte Fassbrause. Die sanitäre Situation war an diesem Tag schon ein wenig grenzwertig im HeiDo und gerade an den Bezahl-Toiletten bildeten sich lange Schlangen. Die Gratis-Klos waren zumeist nur als Mann ok, die müssen sich ja nicht zwingend hinsetzen, aber lassen wir das lieber.


Weil dann Regen angesagt war, „flüchtete“ ein Teil von uns in die Agra-Halle, wo Girls Under Glass etwas ganz Besonderes vorbereitet hatten. Moderator Oliver verriet, dass die Formation aus Hamburg nur Stücke der ersten beiden Alben spielen würde. „Das gab es so noch nie auf einem Festival.“ Auch Frontmann Thomas stellte noch einmal klar, dass es sich bei diesem Auftritt um eine „exclusive show“ handelt. Der Sound war recht düster und bei Stücken wie „Rainy world“ oder „Wall of sound“ schwelgten die Langzeitfans in Erinnerungen und wippten verträumt mit. Nach jedem Lied verbeugte sich der Sänger tief und genoss den Beifall.


Wir mussten dann aber etwas frische Luft schnappen und kamen mit absolut liebenswerten Konzertbesuchern ins Gespräch. Das war absolut entzückend und so lauschten wir dem Rest dieser Aufführung von draußen.


Zum folgenden Gig waren wir dann aber wieder bereit, uns voll und ganz auf Jyrki und Co. einzulassen. Die „Helsinki vampyres“ hatten ihr übliches Rock’n’Roll-Intro am Start und dann rockten die Finnen mit „Devils“ los. Der Frontmann sah endlich wieder einmal wie früher aus – mit langen Haaren und schlanker – so gefiel uns das echt. Der Sound war großartig und bei „Feel Berlin“ tanzten auch wir mit den anderen Zuschauern um die Wette. „So fucking good to see you“, meinte Jyrki und mit seiner tiefen Stimme ließ er nicht nur die Frauenherzen höher schlagen. Die gute Laune auf der Stage übertrug sich aufs Publikum und so war hier bei Stücken wie „Never say die“ oder dem Klassiker „Gothicgirl“ eine echte Rock-Fete angesagt. Die Herren aus dem Norden wissen eben, wie es geht. Mal flogen die Haare, mal hockte der Sänger am vorderen Bühnenrand und sang die ersten Reihen an und dann legten sich alle drei Gitarristen gleichzeitig ins Zeug, dass es nur so krachte. So etwas hat uns mega gefehlt und nun konnten wir es uns wieder gut gehen lassen. Wieder war es so gefüllt, dass jeder Besucher noch genug Raum um sich herum hatte – die Ölsardinen-Konzerte von früher waren dieses Mal zum Glück nicht der Fall – zumindest dort, wo wir bis dahin dabei waren.


Währenddessen wurde unsere Billie im HeiDo klatschnass – den Grund dafür verrät sie euch selbst:

Garmarna standen auf meiner "Must See"-Liste für das diesjährige WGT, also verbrachte ich den frühen Abend in ausgezeichneter Gesellschaft von lieben Freunden und lang vermisster Bekannten im HeiDo, bis das Konzert der Schweden begann. Sängerin Emma Härdelin und ihre Musikerkollegen betraten freudig-aufgeregt die Bühne und legten direkt los. In der Hauptsache bestand das Set der Folkformation aus neueren Stücken bzw. älteren Tracks, die nochmal ein neues Arrangement bekommen hatten. Ich kann beim besten Willen keine Setliste aufzählen, weil ich so "verzaubert" vor der Bühne stand und den Auftritt genoss - wie mit mir alle anderen, die trotz des einsetzenden Regens nicht von der Stelle wichen und nach jedem Stück fast endlos Beifall klatschten. Emmas glasklarer Gesang, Stefans virtuoses Fiedelspiel und die schiere Spielfreude der Band, die irgendwann im Laufe des Auftritts auf ihre Tour im Herbst hinwies, machten das Konzert zu einem absoluten WGT-Highlight. Den Abschluss bildete natürlich "Herr Mannelig", dessen Text zum Teil vom Publikum so laut mitgesungen wurde, dass die Band nur grinsend auf der Bühne stand und ihrerseits Applaus spendete. Vielen Dank, Garmarna, das war ein grandioses Konzert - auch wenn ich bis auf die Unterwäsche nass geworden bin, aber irgendwas ist ja immer…


Bevor es im Anschluss mit Lacrimosa im Programm weiterging, hatte Moderator Oliver noch ein kleines Anliegen: „Kauft CDs und nicht diese scheiß Downloads, denn so eine CD ist ein Gesamtkunstwerk.“ Außerdem verdienen die Musiker an Downloads so verschwindend wenig, im Gegensatz zu den CD-Erträgen. Wer also seinen Lieblingskünstler unterstützen möchte, sollte physische Tonträger ins heimische Regal stellen. Gut gesprochen! Dann legten Tilo Wolff, Anne Nurmi und Kollegen los und was sollen wir sagen, es war bombastisch – ein absolut durchgestyltes Kunstwerk aus Musik, Lichtshow und Videoeinblendungen. Sogar links und rechts neben der Bühne wurden Bilder an die Wand geworfen. Die Scheinwerfer setzten die Musiker einzeln und als Gesamtes in Szene und Laserstrahlen bildeten quer durch die Halle Muster. Den Mittelpunkt bildete Tilo selbst, der in der Mitte, mal mit Gitarre und mal nur mit Mikrofon, den Ton angab. Seine Stimme war kräftig und er strahlte förmlich. Er sah diesen Abend unter dem Motto „Leidenschaft für Liebe, Freundschaft und Gemeinschaft“. Anne war sehr aufgeregt, so dass ihre Stimme ab und zu wegbrach, aber das machte gar nichts. Das zweistimmige Singen wie etwa zu „Alleine zu zweit“ klappte dann wieder tadellos. Neuere Stücke wechselten sich hier mit altbekannten Melodien wie „Ich bin der brennende Komet“ oder „Schakal“ ab. Das war ein Highlight und wieder sagen wir gern Danke!


Irgendwann, nachdem wir uns ein weiteres Mal an dem leckeren kulinarischen Angeboten vor der Agra-Halle – dieses Mal veganes indisches Essen – gelabt hatten, war es dann Zeit für das Mitternachtsspecial des Tages. Die Veranstalter hatten es hier möglich gemacht, dass Elektropop-Pionier Gary Numan seine Aufwartung machte. Die Halle war echt gut voll, aber zum Glück nicht zu voll, denn es war warm. Alle, die feucht aus dem Regen kamen, trockneten hier drin schnell und die Luft wurde dadurch schwül. Das Licht ging aus und die Menge schrie vor Begeisterung, als Gary und seine Musiker nach vorn kamen. Der Altmeister schien gut drauf zu sein, denn vom ersten Ton bei „Intruder“ an tanzte er wild von links nach rechts und zurück. Der Sound konnte sich echt hören lassen und die Fans tanzten sich die Freude aus dem Leib. Die Live-Gitarristen auf der Bühne rasteten mit ihnen gemeinsam aus und die gute Laune war schier greifbar. Nach einigen der neusten Songs kamen endlich auch die Klassiker zu ihren Ehren. Als „Cars“ angestimmt wurde, war auch der letzte im Saal am Feiern.

Unsere Akkus zeigten dann aber schon Reserve an und so war für uns schon wieder der Heimweg angesagt – nur ein letzter Festivaltag stand bevor und auch dieser musste durchgestanden werden.


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Autor: Trixi & Billie


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